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Polizist schaut Pornos am Arbeitsplatz

Zur Verteidigung Straftat erfunden – Vom Gericht verurteilt – Über 100 Sex-Seiten in einer Schicht aufgerufen

Ludwigsburg. Wegen Vortäuschens einer Straftat hat das Ludwigsburger Strafgericht einen 53-jährigen Polizeibeamten zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an: Der Polizist wollte vertuschen, dass er während eines Wochenenddienstes von morgens bis abends Pornoseiten im Internet angeschaut hat. Schon seinen Kollegen war die Geschichte um einen angeblichen „ausländischen Mitbürger“, der mit einem Computerproblem zur Dienstelle gekommen sein soll, seltsam vor. Deshalb war es auch zu Ermittlungen gegen den Polizisten gekommen, der gesamte Apparat bis hin zur Polizeidirektion Böblingen war in Gang gesetzt worden.

Laut Anklageschrift war der Polizeibeamte am Samstag, 4. Januar des vergangenen Jahres alleine auf einer Dienststelle in Ludwigsburg. Beim Anschauen der Pornoseiten, so wird berichtet, habe sich der Computer aufgehängt, die Seiten ließen sich nicht mehr schließen – und unvermittelt sah sich der Beamte der Gefahr ausgesetzt, dass der nächste Kollege, der sich an das Gerät setzt, über die Pornoseiten stolpern könnte.

Deshalb, so die Anklage weiter, habe der Polizist einen „ausländischen Mitbürger“ erfunden, der an jenem Samstag bei ihm erschienen sei, um Anzeige zu erstatten. Bei Nachfragen, wie dieser Mitbürger denn heiße, wusste der Polizist damals nichts zu sagen. Er konnte auch keine Personenbeschreibung abgeben.

Laut Anklage hatte der Polizist folgende Geschichte konstruiert: Der Mitbürger, ein türkischstämmiger Mann, habe beim Schauen von Pornos einen Trojaner mit einer Lösegelderpressung auf sein Gerät bekommen. Der Heimcomputer, so habe der Mann berichtet, werde nur gegen Zahlung von 100 Euro wieder entsperrt. Und eben dieses Problem, sagte der Angeklagte vor Gericht, habe er auf einem Dienst-Laptop überprüfen und recherchieren wollen. Plötzlich habe das Dienst-Laptop von ganz alleine Pornoseiten aufgemacht und sei dann irgendwann abgestürzt.

Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich davon aus, dass der Angeklagte während der Dienstzeit auch kinderpornografische Bilder betrachtet haben könnte, konnte ihm das aber nicht nachweisen.

Nun ist es zwar gewiss nicht im Sinn der Dienstvorschriften, aber nicht strafbar, während der Dienstzeit im Internet Pornoseiten anzuschauen. Ob sie das intern sanktionieren will, muss die Polizeibehörde entscheiden. Was für Ankläger und auch für das Gericht jedoch strafbar ist: eine Straftat und einen angeblichen Anzeigenerstatter zu erfinden und vorzutäuschen.

Im Falle des Polizeibeamten hätte es im Übrigen gar nicht zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung kommen müssen, wenn er einen Strafbefehl über 60 Tagessätze zu jeweils 60 Euro akzeptiert hatte.

Der Mann legte aber Einspruch ein und fragte am Beginn seiner Verhandlung, ob Richterin Sandra Bender wegen seines Berufsstandes die Öffentlichkeit nicht ausschließen könne. Dafür gab es keinen ersichtlichen Grund – ganz im Gegenteil, wie Staatsanwalt Andreas Henrich befand: „Der Angeklagte beschädigt das Ansehen der Polizei.“

Auch während des Prozesses versuchte der Ankläger noch, den Polizeibeamten und seinen Verteidiger zur Rücknahme des Einspruchs zu bewegen, „um nicht noch mehr Schaden in der Öffentlichkeit anzurichten“. Beide lehnten das jedoch ab. „Es gibt keinen Beweis dafür, dass es nicht genau so war, wie der Angeklagte sagt“, begründete der Verteidiger seinen Antrag auf Freispruch.

Das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen gegen den Polizisten spricht allerdings dagegen: Am Tattag wurden mit besagtem Dienst-Computer zwischen 8.28 Uhr und 16.11 Uhr nicht weniger als 110 pornografische Seiten und auch Datingseiten besucht. Und vor dem Angeklagten hatte an diesem Tag kein anderer Kollege diesen Computer benutzt.

Es wurde auch keine Schadsoftware auf dem Gerät gefunden. „Den unbekannten Anzeigenerstatter gibt es nicht“, kaufte Richterin Bender dem Polizeibeamten seine Story ganz einfach nicht ab.