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Auf dem Schlosshof tanzt der Bär

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Viele Zuschauer sind zum Urzelntag gekommen.
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Mit von der Partie ist auch der Karpatenbär. Fotos: Alfred Drossel
Mit 330 Urzeln das bisher größte Treffen des siebenbürgischen Brauchtums in der neuen Heimat

Ludwigsburg. Wenn auf dem Äußeren Schlosshof der Bär tanzt, dann ist Urzelntag. 330 zottige Gestalten, so viel wie noch nie, zogen am Samstagmittag durch die Stadt und durchs Kirbachtal. Das siebenbürgische Brauchtum aus Agnetheln wird in der neuen Heimat fortgesetzt und gepflegt. Aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland kamen die Urzeln nach Sachsenheim.

Zunftmeister Thomas Lutsch, einer der dienstältesten Urzeln, versprach bei der Parade vor dem Wasserschloss, dass die Zunft weiterhin den alten Brauch pflegen und weiter ausbauen werde. Mehrere Generationen machen mit. Mit zwei Jahren ist die kleine Cora im Urzelhäs eine der Jüngsten.

Bürgermeister Horst Fiedler, betonte, dass der alte Brauch in der Stadt längst verwurzelt, und nicht mehr wegzudenken sei. Erfreut zeigte er sich, dass auch Kindergartenkinder mit eigenen Gruppen dabei sind. Die offizielle Begrüßung durch den Bürgermeister ist der Höhepunkt des Urzelntages. Mit dabei war der Amtsvorgänger Fiedlers, Andreas Stein.

Peitschenknallende Urzeln

Nach der Begrüßung gab es die Brauchtumsvorführungen. Zuvor waren die Urzeln peitschenknallend und mit Schellengetöse vom Bahnhof zum Schloss gezogen. Hunderte Zuschauer begleiteten die närrische Schar.

Wichtig sind neben der Figur des Urzel mit Karbatsche und Quetsche, Schelle und zottigem Häs sowie der bemalten Larve, die Traditionsfiguren. Auf dem Schlosshof tanzte das Schneiderrösschen zu den Klängen der Sachsenheimer Stadtkapelle. Das Rössl wird von einer kleinen Person dargestellt. Durch den Pferdekopf entsteht der Eindruck, dass der Reiter auf einem Pferd sitzt. Das Mummerl ist die zweite Gestalt in diesem Gespann.

Am auffälligsten bei diesen Figuren ist der tanzende Bär mit der Kürschnerkrone. Sie besteht aus einem radähnlichen Untersatz, der mit vier Füchsen mit je einem Marder im Maul bestückt ist. Die Krone wird in Umzügen ständig gedreht, so dass die Füchse in Bewegung bleiben.

Vor dem Karpatenbär und seinem Treiber kann man schon Angst bekommen. Ein Mann ist in ein richtiges Bärenfell eingenäht, in dem er den ganzen Urzelntag verbringt. Zirzensische Meisterleistungen erbrachten wieder die drei Reifenschwingerinnen Maja Bito-Fielk, Birgit Andree und Nicole Aucht. Als Vertreterinnen der Fassbinder-, Küfer- oder Böttcherzunft, die in ihren Küferreifen pyramidenförmig gestapelte, volle, bis zu sechs Weingläser kunstvoll durch die Luft schwingen.

Den Urzelnbrauch gibt es schon seit dem Spätmittelalter. Im Rumänien wurde er nach 1941 untersagt. 1969 wurde er von 13 Siebenbürgern in Sachenheim mit Erfolg wiederbelebt. In Augsburg hat sich ebenfalls eine Gruppe gebildet. Auch in Agnetheln gibt es wieder Urzeln. Zur Feier des zehnjährigen Bestehens des rumänischen Vereins „Breasla lolelor“ waren auch die sächsischen Zunftgenossen aus Deutschland angereist. 2006 war der sächsische Brauch, der 1990 nach der Auswanderungswelle zum Erliegen gekommen war, von einer kleinen Gruppe Agnethler Schüler wiederbelebt worden.

Auch ein Heimattreffen

Der Sachsenheimer Urzelntag ist der größte seiner Art überhaupt. Das wurde auch in diesem Jahr wieder mit dem Heimattreffen unterstrichen. Der traditionelle Fasnachtsball mit den Brauchtumsvorführungen in der großen Sporthalle war der Höhepunkt.