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ENTFÜHRUNGSFALL
Lara ist wieder bei ihrer Mutter

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Die siebenjährige Lara schmust mit einem Kätzchen. Ihren Papa hat sie vergangenen Freitag das letzte Mal sehen dürfen.Foto: privat
Ein Amtsgericht in Legnica hat das von Ditzingen nach Polen verschleppte Mädchen wieder bei seiner Mutter untergebracht. Diese Entscheidung können weder der Vater noch seine Anwälte nachvollziehen. Der Ludwigsburger CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger spricht von einem Skandal.

Ludwigsburg. Vergangene Woche sah alles noch ganz gut aus. Thomas Karzelek, der Vater der vor zweieinhalb Jahren von der eigenen Mutter in Ditzingen entführten Lara, glaubte fest daran, dass er die Siebenjährige schon bald wieder nach Hause ins Strohgäu holen kann. Schließlich hat er das alleinige Sorgerecht für die Kleine. Jetzt sieht die Sache komplett anders aus. Am Freitag hat der 46-jährige Informatiker seine Tochter zum letzten Mal gesehen, obwohl für Sonntag eigentlich ein weiteres Treffen anberaumt war.

Ein Amtsgericht im polnischen Legnica hat entschieden, dass Lara wieder zu ihrer Mutter, einer polnischen Juristin, kommt, die wegen der Entführung ihres eigenen Kindes erst in Deutschland, dann in Polen im Gefängnis saß und noch unter Bewährung steht. Nachdem das Mädchen vor rund 14 Tagen von der polnischen Polizei nach zweieinhalbjähriger Suche endlich aufgespürt worden war, hatte das Amtsgericht es vorübergehend in eine Notunterkunft für Kinder eingewiesen. Großmutter und Mutter hatten es versteckt (wir berichteten).

Dass der Vater von deutschen Gerichten das alleinige Sorgerecht für Lara zugesprochen bekommen hat, scheint das Gericht in Legnica nicht zu interessieren. Es hat vergangenen Freitag der Mutter Joanna S. das Sorgerecht übertragen. Warum, wollte Gerichtssprecher Jaroslaw Halikowski aus Rücksicht auf das Wohl des Kindes auf Nachfrage der Deutschen Presseagentur nicht erläutern. Joanna S. hat ihre Tochter nach diesem Beschluss sofort aus der Notunterkunft abgeholt.

Laut Thomas Karzelek argumentierte die Richterin damit, dass Lara bei den ersten beiden Treffen mit ihrem Vater große Angst gehabt habe. Das sei ja auch kein Wunder, meint dieser, schließlich habe ihn die Kleine mehr als zwei Jahre nicht gesehen und sei in dieser Zeit von Mutter und Oma gegen ihn aufgehetzt worden. Bei mehreren Treffen in der vergangenen Woche habe Lara aber zunehmend Vertrauen gefasst. Das sei von der Psychologin, die bei den Besuchen in der Notunterkunft anwesend war, in einem Gutachten auch so bestätigt worden.

Gestern Vormittag musste der 46-Jährige in Legnica vor dem Amtsgericht erscheinen. Joanna S. habe beantragt, ihm den Umgang mit der Tochter komplett zu verbieten, berichtete Thomas Karzelek im Gespräch mit unserer Zeitung. Diesen kurzfristig anberaumten Termin habe seine polnische Anwältin nicht wahrnehmen können, und vergeblich eine Verschiebung beantragt. Also ging er ohne rechtlichen Beistand zur Verhandlung. Sowohl die Richterin als auch der Anwalt von Joanna S. seien ihm bei der Anhörung ständig ins Wort gefallen, empörte sich Karzelek. Deswegen habe er die Richterin wegen Befangenheit abgelehnt. Das Verfahren wurde abgebrochen, sein Antrag wird geprüft.

Für kommenden Freitag ist laut Karzelek bereits in der vergangenen Woche vom polnischen Justizministerium, das sich inzwischen auch mit dem Fall Lara befasst, das erste Treffen für ein Schlichtungsverfahren angesetzt worden. Das erklärte Ziel: Mit Hilfe von Mediatoren sollen Mutter und Vater in mehreren Sitzungen gemeinsam eine Lösung erarbeiten, wie sie alle beide künftig ihre Tochter sehen können. „Was soll dabei herauskommen, wenn die Mutter mir den Umgang mit Lara komplett verbieten will?“, fragt sich Karzelek nun.

Auch sein deutscher Anwalt, Dieter Hezel aus Schwieberdingen, ist über die neuesten Entwicklungen mehr als verwundert. Laut Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sei der Beschluss des polnischen Gerichts, Lara zur Mutter zu geben, gar nicht zulässig, sagte er auf Nachfrage unserer Zeitung. Es könne sich nicht einfach darüber hinwegsetzen, dass deutsche Gerichte Thomas Karzelek das alleinige Sorgerecht zugesprochen haben. Für Laras Vater ist das Ganze ein Justizskandal.

Der Ludwigsburger CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger steht schon länger in Kontakt mit Thomas Karzelek. Bisher hat er sich im Fall Lara in der Öffentlichkeit bedeckt gehalten. Gestern fand er deutliche Worte. „Es ist skandalös und nicht akzeptabel, was die polnische Justiz da macht. Es ist unglaublich, dass in der Europäischen Union so etwas möglich ist“, sagte er im Gespräch mit der LKZ. Der Bundes- und Landesregierung seien allerdings die Hände gebunden. „Als Politiker kann man nur das Thema bei jeder sich bietenden Gelegenheit ansprechen und so versuchen, Druck auf die polnische Seite aufzubauen“, erklärte Bilger. Es habe auch schon „zahlreiche Bemühungen von deutscher Seite“ gegeben. Bei ihm sei allerdings der Eindruck entstanden, dass dies im Nachbarland als unangemessene Einmischung empfunden werde. „Ich hoffe, dass Lara nicht wieder von ihrer Mutter versteckt wird“, so Bilger. Eine schnelle Lösung sei nötig. Er erwarte von den polnischen Behörden, dass sie sich mehr um die Angelegenheit kümmerten als bisher.