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Alkoholverbot
„An eigene Jugend zurückdenken“

Sich abends mit Freunden im Freien zu treffen und dabei Alkohol zu trinken, sei die Lebensrealität vieler Jugendlicher, so der Ludwigsburger Jugendgemeinderat in einer Stellungnahme zur Diskussion um ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. Ein solches Verbot, ist sich das junge Gremium sicher, würde nur zu einer Verlagerung der Treffpunkte führen.

Ludwigsburg. Die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg hat kürzlich einen Leitfaden ausgearbeitet, der es Kommunen ermöglichen soll, den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen zu unterbinden (wir berichteten). Hierbei, so der Jugendgemeinderat in einer Stellungnahme, ziehen die Studenten der Fachhochschule den als Brennpunkt beschriebenen Akademiehof in der Ludwigsburger Innenstadt als Beispiel heran und führen äußerst detailliert aus, welche Schritte Stadtverwaltung und Gemeinderat unternehmen müssten, um mögliche Alkoholexzesse und Ordnungswidrigkeiten in Zukunft zu verhindern.

Der Akademiehof sei vor allem an den Wochenenden sowohl bei Studenten wie auch bei Schülern der höheren Jahrgangsstufen ein beliebter Treffpunkt, an dem regelmäßig Alkohol konsumiert werde. Dies gehe mit einer erhöhten Lautstärke, Verschmutzung und kleineren Ordnungsdelikten einher, weiß auch der Jugendgemeinderat. Dennoch möchte sich das junge Gremium als Vertreter der Jugendlichen in Ludwigsburg klar gegen ein mögliches Alkoholverbot auf dem Akademiehof aussprechen. Der Leitfaden erscheine auf den ersten Blick in seinen Argumenten logisch, doch werde dabei die reale Lebenssituation der Jugendlichen mit vollkommener Nichtbeachtung gestraft.

Jeder, heißt es in der Stellungnahme weiter, sollte sich der Gefahren übermäßigem Alkoholkonsums bewusst sein, doch werde sich dieser mit Sicherheit nicht durch ein Verbot aus dem Stadtbild verbannen lassen. Vielmehr würde dies nur dazu führen, dass sich der Treffpunkt verschiebt – entweder auf die Bärenwiese oder auf den Arsenalplatz. Wer denke, ein Verbot würde irgendetwas anderes bewirken, dem rät der Jugendgemeinderat, einmal an die eigene Jugend zurückzudenken.

Beide Alternativplätze hätten gegenüber dem Akademiehof entscheidende Nachteile: Zum einen würden sich dort direkte Anwohner befinden. Der erhöhte Lautstärkepegel würde deren Lebensqualität massiv mindern und zu Konflikten führen. Diese habe es auf dem Akademiehof bisher nie ergeben, da in der Nähe niemand wohne. Zum anderen liege der Akademiehof, was die Sicherheit betrifft äußerst günstig. Im Notfall könnten sowohl Sicherheits-, als auch Rettungskräfte schnell alle Bereiche des Areals erreichen und kritische Situationen entschärfen, so die Meinung des Jugendgemeinderats. Auch befinde sich der Akademiehof auf einem räumlich sehr eingeschränkten Bereich, was es leicht mache, die Situation zu kontrollieren. Davon könne vor allem bei der Bärenwiese kaum die Rede sein. Dieser Platz reichlich dunkle Ecken und Gefahrenzonen, die im Ernstfall ein Eingreifen erschweren würden.

Darüber hinaus seien sowohl die Bärenwiese als auch der geplante Park auf dem Arsenalplatz für Familien konzipiert. Auf der Bärenwiese befinden sich auch Kinderspielplätze. „Auch Jugendliche benötigen einen Freiraum, in dem sie sich bewegen können“, fordert der Jugendgemeinderat. Beispiele aus anderen Städten würden zeigen, dass Verbote schlicht ineffektiv seien, da sie lediglich zur Verlagerung dieser Freiräume führten.

Es bringe nichts, sich über die hohen notwendigen Investitionen der Stadt zu beschweren, die etwa durch Wildpinkler entstehen. Besser wäre es, eine Toilettenanlage bereitzustellen. Bisher gibt es laut Jugendgemeinderat nur zwei einfache transportable Kabinen, die in der Regel verschlossen oder defekt sind.

Der Leitfaden stellt darüber hinaus eine Ursachenforschung zum Alkoholkonsum junger Menschen an. Diese beurteilt der Jugendgemeinderat in seiner Stellungnahme als fragwürdig. Man könne zu dem Schluss kommen, Jugendliche würden nur aus schweren persönlichen Problemen zum Alkohol greifen und versuchen, sich bei Treffen wie auf dem Akademiehof das Leben „schönzutrinken“. Der Großteil der Jugendlichen dort seien „anständige Menschen mit guter Zukunftsperspektive, die ihre Freizeit abends im Freien verbringen wollen“. Dass dabei Alkohol konsumiert wird, sei keineswegs Ausdruck „einer persönlichen Krise“ oder „schwerer Depressionen“, wie es in dem Leitfaden heißt, sondern schlichtweg eine Lebensrealität.

In einem Punkt habe die Projektgruppe der Hochschule jedoch recht. Die Stadt sollte, wenn sie den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen eindämmen und nicht nur verschieben will, in Räume investieren, die Jugendliche frei für sich zur Verfügung haben. Der Leitfaden nennt als mögliche Initiative ein „Haus der aufgehenden Sonne“ – ein Gebäude, in dem Jugendliche feiern können, die Gefahr des Überkonsums aber eingeschränkt wird. Dies wäre, so das junge Gremium, ein wegweisender Pilotversuch.