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Demokratie
Jugendbeteiligung nimmt Fahrt auf

Wirklich zu entscheiden gab es im Sozialausschuss zwar nichts, dennoch ist nun klar: Der Gemeinderat soll bis zur Sommerpause Ende Juli die Art der Jugendbeteiligung beschließen. Vieles deutet darauf hin, dass es ab dem Frühjahr 2017 einen Jugendgemeinderat geben wird.

Ludwigsburg. Für Coco Haag, Timm Overdick und Tobias Neumann bot sich am Mittwoch im Sozialausschuss die Gelegenheit, schon mal ein wenig probezusitzen. Sollte ein Jugendgemeinderat eingerichtet werden – und die Chancen stehen gut –, könnte sich auch der eine oder andere von ihnen in diesem Gremium wiederfinden. Mit Sitzungen in ebendiesem Saal im Rathaus. Auf dem politischen Parkett sind sie indes nicht unerfahren, haben sie doch in den vergangenen eineinhalb Jahren, seit das rund 30-köpfige Planungskomitee Jugendgemeinderat seine Arbeit aufnahm, bei den Fraktionen fleißig Klinken geputzt. Nun präsentierten die drei die offiziellen Ergebnisse des Jugendhearings der Stadtverwaltung Anfang Juni. „Unser Fazit ist: Die Jugendlichen wollen ganz klar stärker beteiligt werden“, so Overdick.
Die Zahlen aus der TED-Umfrage (siehe Kasten rechts), so die Jugendlichen, zeigten, dass ein richtiger Jugendgemeinderat mit 83 Prozent Zustimmung ganz klar einem nur punktuell beratenden Jugendbeirat (34 Prozent Zustimmung) vorgezogen werde. Das Alter der Wahlberechtigten solle bei 14 bis 21 Jahren liegen, zudem sollten auch junge Leute, die in Ludwigsburg zur Schule gehen, aber hier nicht ihren Wohnsitz haben, wahlberechtigt sein (82 Prozent) – ein Punkt, der einigen Stadträten und der Verwaltung teilweise noch Bauchschmerzen bereitet. Grundsätzlich können sich die Jugendlichen aber unterschiedliche Formen der Beteiligung vorstellen, etwa Jugendforen.
Patrick Burtchen, Leiter der Abteilung Jugend im Fachbereich Bildung und Familie, will das „Partizipationskonzept“ nun vorantreiben. „In Jugendbeteiligung muss investiert werden“, sagte er. „Aber es lohnt sich auch.“ Noch vor der Sommerpause, die nach dem 27. Juli beginnt, soll der Gemeinderat einen sogenannten Eckpunktebeschluss fassen, in dem endgültig festgelegt ist, welche Formen der Beteiligung – Rat, Beirat, projektbezogene Aktionen – es künftig geben wird, wer wählen darf und wie das Gremium ausgestaltet wird. Im Laufe des Herbstes wird das Konzept ausgearbeitet, die Umsetzung mit möglichen Wahlen wäre nach diesem Zeitplan im Frühjahr 2017.
Bei den Stadträten im Ausschuss herrschte große Zustimmung, auch hier scheint die Präferenz mittlerweile bei dem Modell eines Jugendgemeinderats zu liegen. Der entscheidende Unterschied zum ersten Anlauf 2011 sei, dass die Idee diesmal von Jugendlichen komme, so Klaus Herrmann (CDU). Auch wenn die Erfahrungen in anderen Städten sehr unterschiedlich seien: „Wir würden zu einem Jugendgemeinderat tendieren.“ Armin Haller (Grüne) betonte, Bürgerbeteiligung sei im Land ein Erfolgsmodell. „Ein solches Gremium ist nötig – aber es sollten sich auch jene einbringen können, die dies sonst vielleicht nicht getan haben.“
Annegret Deetz (SPD) brachte ins Gespräch, dass hinsichtlich der auswärtigen Schüler zwischen Wählen und Gewähltwerden unterschieden werden könnte. Wichtig sei grundsätzlich die enge Anbindung an die Ausschüsse. Und: „Die Jugendlichen sollten auch wirklich etwas zu sagen haben.“ Gabriele Moersch (Freie Wähler) lobte die Ausdauer und Energie der Jugendlichen. „Euer Engagement hat beeindruckt.“ Auch Auswärtige müssten volle Rechte zur Teilhabe bekommen. „Viele von ihnen haben sich für den Jugendgemeinderat eingesetzt – das sollten wir anerkennen.“ Der Teufel sitze im Detail, erklärte Johann Heer (FDP), man dürfe die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Seine Partei unterstütze aber den Jugendgemeinderat.
Erster Bürgermeister Konrad Seigfried mahnte abschließend: „Nach unserem Verständnis von Teilhabe geht es nicht um ein Wünsch-dir-was, sondern um echtes Engagement.“ Denn Kommunalpolitik sei etwas sehr Konkretes, „aber manchmal auch erbarmungswürdig kleinteilig“.