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Slowakei-Reise
Besuch in Roma-Siedlung - Papst kritisiert Ausgrenzung

Papst in der Slowakei
Begegnung von Papst Franziskus mit der Roma-Volksgruppe in der Plattenbausiedlung Lunik IX. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa
Papst in der Slowakei
Warten auf den Papst. Foto: Petr David Josek/AP/dpa
Papst in der Slowakei
Lunik IX gilt als größte Wohnsiedlung der Roma in Mitteleuropa. Foto: Petr David Josek/AP/dpa
Auf seiner Slowakei-Reise reist Papst Franziskus in eine der größten Roma-Siedlungen in Mitteleuropa. Der Besuch wurde im Vorfeld mit Spannung erwartet - und sorgte auch für Kritik.

Kosice (dpa) - Papst Franziskus hat am dritten Tag seiner Slowakei-Reise das Roma-Viertel Lunik IX besucht. In der heruntergekommenen Plattenbausiedlung der Stadt Kosice (Kaschau) im Osten des Landes empfingen Bewohner den Heiligen Vater, tanzten und jubelten ihm zu.

Franziskus kritisierte die Ausgrenzung der Volksgruppe der Roma. «Man kann die Menschen nicht schematisieren. Um sie wirklich zu erkennen, muss man sie vor allem anerkennen», sagte der 84-Jährige in seiner Ansprache.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche verurteilte auch die Ansiedelung der Menschen im wegen seiner katastrophalen Wohnzustände bekannten Viertel Lunik IX am Stadtrand. «Gettoisierung von Menschen bringt keine Lösung. Wenn man die Eingeschlossenheit schürt, bricht früher oder später Wut aus.» Franziskus zufolge ist Integration der Weg für ein friedvolles Zusammenleben.

Schlimme hygienische Zustände

In Lunik IX leben die Menschen in verschmutzten und heruntergekommenen Gebäuden. Organisationen berichten von schlimmen hygienischen Zuständen. Auf engstem Raum leben oft Großfamilien in mehreren Generationen.

Das nach einer Mondrakete benannte Viertel war einst als Arbeitersiedlung angelegten worden. Die Regierung siedelte die Roma später dort an. Das Quartier gilt als größte Wohnsiedlung der Roma in Mitteleuropa. Auf einer Bühne berichteten Bewohner von ihrem Leben dort. «Mein Mann und ich wollten dieses Viertel verlassen, aber wir wussten nicht wie», erzählte eine Frau.

«Zu oft seid ihr schon Gegenstand von vorgefassten Meinungen und erbarmungslosen Urteilen, von diskriminierenden Stereotypen, von diffamierenden Worten und Gesten geworden», erklärte der Pontifex. Er empfahl ihnen, Schritt für Schritt die «Verletzungen der Vergangenheit» zu überwinden und Vertrauen zu schöpfen.

Im Vorfeld stritten Politiker öffentlich darüber, wer daran «schuld» sei, dass dieser «Schandfleck» überhaupt ins Reiseprogramm des Papstes aufgenommen wurde. Dagegen sehen die Vertreter des Salesianer-Ordens, die als Seelsorger direkt in der Siedlung tätig sind, darin eine für den gegenwärtigen Papst typische Ausrichtung der Kirche auf die Armen und Ausgegrenzten.

Im Zeichen des Kreuzes

Zuvor hatte Franziskus in der ostslowakischen Stadt Presov (Eperies) mit etwas mehr als 30.000 Gläubigen eine Messe nach byzantinischem Ritus gefeiert. In seiner Predigt warnte der 84-Jährige davor, das Kreuz als christliches Symbol für politische Zwecke zu missbrauchen. «Wir dürfen das Kreuz nicht auf einen Andachtsgegenstand reduzieren, geschweige denn auf ein politisches Symbol», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Es nütze nichts, wenn man nicht innehalte, um das Kreuz zu betrachten und das Herz dafür zu öffnen. Man müsse auch nach den Werten des christlichen Glaubens leben, wenn man das Kreuz als Symbol verwende, erklärte er. Bei der Messe anwesend war auch der langjährige Vertraute und Sekretär des verstorbenen Papstes Johannes Paul II., Kardinal Stanislaw Dziwisz. Der Vatikan prüft, ob er Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs in seiner Zeit als Bischof von Krakau ignoriert hatte.

© dpa-infocom, dpa:210914-99-207562/7