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Diplomatie
Japan und Südkorea gehen aufeinander zu

Yoon und Kishida
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol (l.) und Japans Premier Fumio Kishida reichen sich vor ihren Gesprächen die Hände. Foto: yonhap
Die historisch belasteten Beziehungen zwischen Japan und Südkorea stehen vor einem Neuanfang. Die beiden wichtigen Verbündeten der USA reichen sich nach jahrelangem Streit die Hand.

Tokio. Die US-Verbündeten Japan und Südkorea haben sich angesichts der wachsenden Bedrohung durch Nordkoreas Raketentests sowie Chinas Machtstreben auf einen Neubeginn in ihren historisch belasteten Beziehungen geeinigt.

Bei einem Gipfeltreffen in Tokio verständigten sich der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida und der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol auf eine Wiederaufnahme gegenseitiger Besuche und eines bilateralen Sicherheitsdialogs. Zudem wurde ein Handelsstreit beigelegt. Eine Stärkung der bilateralen Beziehungen sei «dringlich», sagte Kishida. Wenige Stunden zuvor hatte Nordkorea erneut eine atomwaffenfähige Rakete mit einer Reichweite von Tausenden Kilometern getestet.

Es ist das erste Mal seit zwölf Jahren, dass mit Yoon ein südkoreanisches Staatsoberhaupt Japan für bilaterale Gespräche besuchte. «Ich freue mich, dass sich für uns die Chance ergibt, gemeinsam ein neues Kapitel der Beziehungen zwischen Japan und Südkorea aufzuschlagen», sagte Kishida zum Auftakt. Südkoreas konservative Regierung hatte wenige Tage vor Yoons Reise eigene Pläne zur Beilegung des jahrzehntelangen Streits um die Entschädigung ehemaliger koreanischer Zwangsarbeiter unter der Kolonialherrschaft Japans (1910 bis 1945) verkündet. Tokio begrüßte Seouls Vorstoß.

Eskalierende Bedrohung durch Nordkorea

Sein Treffen mit Kishida habe «eine besondere Bedeutung, da es den Menschen beider Länder zeigt, dass die Beziehungen zwischen Südkorea und Japan vor einem Neuanfang stehen, nachdem sie sich aufgrund verschiedener Probleme in einer schwierigen Situation befanden», sagte Yoon. Beide konservativen Politiker riefen zudem zu einer engeren Sicherheitskooperation ihrer Länder mit den USA auf. Die Annäherung zwischen Tokio und Seoul liegt im großen Interesse ihres gemeinsamen Sicherheitspartners Washington, der seine Allianzen in Asien mit Blick auf das mächtiger werdende China stärken will.

Die eskalierende Bedrohung durch Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm stelle eine Bedrohung für Frieden und Stabilität dar, nicht nur in Ostasien, sondern für die internationale Gemeinschaft, sagte Yoon. Südkorea und Japan müssten eng und solidarisch zusammenarbeiten, um der Bedrohung «klug entgegenzutreten». Nach Angaben des südkoreanischen Militärs flog die kurz vor Yoons Treffen mit Kishida von Nordkorea abgefeuerte Langstreckenrakete etwa 1000 Kilometer in Richtung Japanisches Meer (koreanisch: Ostmeer), wo sie ins Wasser fiel. Solche Raketen können theoretisch auch das Territorium der USA erreichen, denen Pjöngjang eine feindselige Politik vorwirft.

Verschärfte Ausfuhrkontrollen werden aufgehoben

Als weiteres Zeichen der Annäherung zwischen Japan und Südkorea hebt Tokio seine verschärften Kontrollen für Ausfuhren von Materialien zur Herstellung von Chips und Displays nach Südkorea auf. Im Gegenzug zieht Seoul ein vor der Welthandelsorganisation (WTO) angestrengtes Schlichtungsverfahren zurück, teilten beide Seiten mit.

Hintergrund war ein Streit über die Entschädigung koreanischer Zwangsarbeiter während Japans Kolonialherrschaft (1910 bis 1945). Japan hatte die Kontrollen verhängt, nachdem der Oberste Gerichtshof 2018 in Südkorea entschieden hatte, dass zwei japanische Konzerne Schadenersatz an ehemalige Zwangsarbeiter zahlen müssen. Tokio sieht das Thema durch einen Vertrag von 1965 als abgeschlossen an.

Nach den Plänen Südkoreas zur Lösung der Entschädigungsfrage sollen ehemalige Zwangsarbeiter oder Hinterbliebene durch einen öffentlichen südkoreanischen Fonds entschädigt werden, dem Spenden aus privater Hand zukommen sollen. Vor allem sollen südkoreanische Unternehmen angesprochen werden, die von dem Vertrag von 1965 profitiert hatten. In Südkorea selbst sind die Pläne umstritten.

© dpa-infocom, dpa:230316-99-970986/10