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Bürgerkrieg in Nordafrika
Kämpfe um Tripolis: Italien bringt Flugverbotszone ins Spiel

Chalifa Haftar
General Chalifa Haftar versucht seit Monaten, mit seinen Truppen Tripolis zu erobern. Foto: Mohammed Elshaiky/EPA/dpa
In Libyen setzt der Vormarsch von Armeechef Haftar auf die Hauptstadt Tripolis auch Europa unter Druck. Nicht nur die Flüchtlingslage im Mittelmeer spielt eine Rolle. Vor allem Italien hat eigene Interessen.

Tripolis/Rom (dpa) - Im sich verschärfenden Konflikt um die libysche Hauptstadt Tripolis hat Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte die Einrichtung einer Flugverbotszone als mögliche Option bezeichnet.

«Auch eine Flugverbotszone kann ein Instrument sein, um ein Ziel zu erreichen: die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten», sagte Conte in Rom.

«Es gibt eine intensive diplomatische Aktivität Italiens, die oft nicht sichtbar ist», sagte Conte. So habe er mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Russlands Präsidenten Wladimir Putin gesprochen. Er habe Erdogan vor den Folgen einer militärischen Intervention gewarnt. Diese würde sehr viele zivile Opfer fordern und doch würde keine Seite gewinnen.

Italien steht in Libyen wie die Türkei an der Seite der UN-gestützten Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis. Ende November hatten die Türkei und Tripolis ein Abkommen geschlossen, das eine Aufteilung der Interessenszonen im Mittelmeer und eine militärische Zusammenarbeit vorsieht. Erdogan hatte die Entsendung von Truppen angeboten.

Russland unterstützt mit anderen Staaten den aus dem Osten Libyens agierenden General Chalifa Haftar, der seit Monaten versucht, Tripolis zu erobern. Dessen Truppen waren am Freitag nach eigenen Angaben bis auf wenige Kilometer an das Stadtzentrum von Tripolis vorgerückt. Im Süden der Metropole habe man unter anderem den stillgelegten Flughafen sowie ein Militärlager erobert.

Internationale Beobachter befürchten eine Eskalation des Konflikts. Libyens Nachbarland Tunesien verstärkte die Sicherheitsvorkehrungen an der gemeinsamen Grenze. Die Armee habe ihre Präsenz in der Grenzregion zu Libyen erhöht, meldete der staatliche tunesische Rundfunk am Samstag.

Auch die EU engagiere sich wieder stärker in Sachen Libyen, sagte Conte. Beim letzten EU-Gipfel sei bereits ein gemeinsames Papier mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ausgearbeitet worden.

Ein EU-Sprecher teilte auf dpa-Anfrage mit, dass es in den vergangenen Wochen mehrere Arbeitstreffen zu den Entwicklungen in Libyen gegeben habe. Man beobachte die Situation sehr genau. Deutschland plant derzeit für Anfang 2020 eine Konferenz der in Libyen involvierten Mächte in Berlin.

Das ölreiche Land in Nordafrika war nach dem vom Westen unterstützten Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 in einen Bürgerkrieg gestürzt, in den mittlerweile viele andere Staaten involviert sind. Haftar kämpft gegen die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch in Tripolis. Haftars LNA beherrscht weite Teile im Osten und Süden des Landes und hatte im April eine Offensive auf Tripolis begonnen. Auf seiner Seite stehen unter anderem Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate.