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Zentralasien
Krise in Kasachstan: Russland beginnt mit Truppenabzug

Konflikt in Kasachstan
Russische Soldaten kurz vor dem Abzug in der kasachischen Stadt Almaty. Foto: Vladimir Tretyakov/NUR.KZ/AP/dpa
Um die schweren Ausschreitungen niederzuschlagen, holte Kasachstans Präsident unter anderem russische Soldaten ins Land. Nun ziehen die ersten von ihnen schon wieder ab. Viele Experten überrascht das.

Almaty/Moskau (dpa) - Nur eine Woche nach der Verlegung ausländischer Truppen in die von schweren Unruhen erschütterte Republik Kasachstan ist ihr Einsatz beendet worden.

Die von Russland dominierte Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) übergab nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau «sozial wichtige Objekte» wieder den kasachischen Behörden. Erste russische Fallschirmjäger seien bereits ausgeflogen worden, hieß es später. OVKS-Angaben zufolge unterzeichneten die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten eine Vereinbarung über die Organisation des Rückzugs.

Die Rückverlegung der Soldaten aus Russland, Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan soll zehn Tage dauern. Die von der OVKS so bezeichneten Friedenstruppen hatten auf Bitten der autoritären Führung Kasachstans in den vergangenen Tagen dabei geholfen, die verfassungsmäßige Ordnung in der Millionenstadt Almaty und anderen Regionen wiederherzustellen. Kremlangaben zufolge bedankte sich der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin erneut für das schnelle Eingreifen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, die Situation in Kasachstan habe sich mittlerweile stabilisiert. Die Rolle der OVKS dürfe dabei nicht unterschätzt werden. Experten hatten den Einsatz auch als Chance für das russisch dominierte Bündnis gewertet, seine Relevanz zu unterstreichen. Viele hatten mit einer deutlich längeren Stationierung der Truppen gerechnet. Russland flog eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Tagen zudem mehr als 2000 Zivilisten aus - darunter neben eigenen Staatsbürgern auch Ausländer.

Die kasachischen Behörden nahmen unterdessen zwei frühere Mitarbeiter des bereits wegen Hochverrats inhaftierten Ex-Geheimdienstchefs Karim Massimow fest. Massimow galt als Protegé von Präsident Tokajews Vorgänger Nursultan Nasarbajew. Tokajew hatte die Proteste auch genutzt, um den 81 Jahre alten Ex-Langzeit-Herrscher zu entmachten, der bis dahin noch immer als einflussreichster Mann in Kasachstan galt. In den vergangenen Tagen entzog Tokajew ihm etwa den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ die Regierung des Nasarbajew-Vertrauten Askar Mamin.

In der über viele Jahre international wegen ihrer Stabilität gelobten öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik an der Grenze zu China gab es Anfang des Monats zunächst Proteste gegen eine Verdopplung von Treibstoffpreisen. Die Demonstrationen schlugen nach wenigen Tagen mancherorts in Gewalt um. Staatschef Tokajew sprach von einem Angriff «terroristischer Banden» und erteilte seinem Militär einen Schießbefehl. Es gab viele Tote, Hunderte Verletzte und mehr als 10.000 Festnahmen. Nach Angaben der Führung des neuntgrößten Landes der Erde stabilisiert sich die Lage.

© dpa-infocom, dpa:220113-99-690749/5