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Deutsche Tour-Hoffnung
Lieber Ruhe statt Rummel: Buchmann ignoriert Personenkult

Emanuel Buchmann
Bescheidener Ravensburger: Emanuel Buchmann. Foto: Christophe Ena/AP
Jahrelang hat sich Radsport-Deutschland nach einem Nachfolger von Jan Ullrich gesehnt. In Emanuel Buchmann ist zumindest wieder ein Rundfahrer da, der das Zeug zu den Top Ten hat - womöglich auch mehr. Mit dem Rummel um seine Person kann der Ravensburger nichts anfangen.

Chalon-sur-Saône (dpa) - Einen Satz sagt Emanuel Buchmann immer wieder gerne. «Ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe.» Das in kurzer Zeit stark gestiegene Medieninteresse und die schnell wachsende Bekanntheit beim wichtigsten Radrennen der Welt bedeuten dem 26 Jahre alten Profi wenig bis gar nichts, er würde sich am liebsten auf seinen Beruf konzentrieren und jenen Rummel ausblenden. 

Eine neue deutsche Tour-de-France-Hoffnung? «Es ist schön, dass die Deutschen jetzt jemand haben, mit dem sie mitfiebern können. Aber ich konzentriere mich auf mein Rennen.»

Der Ravensburger vom Team Bora-hansgrohe ist schon ein paar Jahre Profi, wurde schon Deutscher Meister und vor zwei Jahren Gesamt-15. bei der Tour de France. Was gerade mit ihm passiert, ist trotzdem relativ neu - und es ist ihm suspekt. Sein nach starker Vorbereitung ausgegebenes Ziel waren die Top 10. Natürlich dauerte es nicht lange, bis diese Erwartung von Experten und Journalisten fleißig nach oben korrigiert wurde. «Wenn jemand schreibt, ich soll die Tour gewinnen, dann ignoriere ich das einfach», sagte Buchmann.

Die 24-Prozent-Klettershow von La Planche des Belles Filles mit dem starken achten Platz von Buchmann am Donnerstag weckt dennoch Hoffnungen auf einen neuen großen deutschen Rundfahrer. Doch auch dieses sportliche Ausrufezeichen, bei dem der Deutsche unter anderem die Favoriten Egan Bernal (Kolumbien) und Jakob Fuglsang (Dänemark) hinter sich ließ, brachte Buchmann emotional kein Stück in Wallung. Zufrieden und geduldig beantwortete er alle Nachfragen, von Stolz oder überschwänglicher Freude war hingegen nichts zu spüren. Am Freitag sagte: «Träumen kann man immer, aber das Ziel bleibt Top 10.»

Sein Umfeld kennt das Leichtgewicht (62 Kilogramm) nicht so einsilbig und reserviert. Bora-Teamchef Ralph Denk erzählte: «Er ist ein ruhiger Zeitgenosse, aber wenn die Tür zu ist, kann der ganz anders sein.» Dies habe er vor allem bei den Vertragsverhandlungen gespürt, als Buchmann zwar ohne Manager, dafür aber mit mächtig Souveränität und einigen «Grundkenntnissen im Rechtsbereich» ankam. Denk sieht in seinem Kapitän einen Menschen, der gereift ist und sich weiterentwickelt hat.

Auch seine Freundin Claudia Eder kennt Buchmann ganz anders, als er sich der breiten Öffentlichkeit als Deutschlands neue Rad-Hoffnung präsentiert. «Zuhause ist er nicht so schweigsam, sonst wäre es auch langweilig. Wenn er Leute kennt, redet er schon viel», sagte die Ernährungsexpertin der ARD. Vor der Tour waren die beiden zusammen im Höhentrainingslager im italienischen Livigno. Das Paar kocht und wandert gerne zusammen. Buchmann sagt: «Ich genieße es, wenn ich Zeit mit meiner Freundin verbringe und von dem ganzen Radsportstress meine Ruhe habe.»

Sportlich hat er sich zu einem der besten Bergfahrer der Welt weiterentwickelt, dank großem Ehrgeiz und eiserner Disziplin erntet Buchmann in diesem Jahr den Lohn für seine Arbeit. «Er schläft schon schlecht ein, wenn er mal ein Eis isst», berichtete Teamchef Denk.  Dem deutlichen Leistungsanstieg zum Trotz ist es ihm doch lieber, wenn andere im Mittelpunkt stehen. So sagte er über Rad-Superstar und Teamkollege Peter Sagan: «Den meisten Druck hat Peter. Er kriegt am meisten Geld, von ihm wird am meisten erwartet. Die anderen können sich etwas in seinem Windschatten aufhalten.» Buchmann ist das ganz recht.

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