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Lage eskaliert
Merkel und AKK dringen auf geschützte Zone in Syrien

Kramp-Karrenbauer
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Foto: Michael Kappeler/dpa
Konflikt in Syrien
Ein syrisches Kind geht an einem Loch im Boden vorbei, das sich nach einem Raketenbeschuss gebildet hat, der Berichten zufolge von den syrischen Regierungstruppen durchgeführt wurde und mehrere Tote und eine große Zahl von Verwundeten zur Folge hatte. Foto: Anas Alkharboutli/dpa
Mit der Forderung nach einer Sicherheitszone in Nordsyrien hatte die Verteidigungsministerin im Oktober heftige Diskussionen ausgelöst. Inzwischen ist die Lage eskaliert. Die Bundesregierung drängt die Türkei und Russland nun zu einer geschützten Zone für Vertriebene.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung drängt Russland und die Türkei zur Einrichtung einer geschützten Zone für die Versorgung der Hunderttausenden Vertriebenen in Syrien.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe das in Telefonaten mit Kremlchef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan deutlich gemacht, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. «In Syrien geht es entscheidend darum, dass der Konflikt in Idlib nicht weiter auf dem Rücken der Binnenvertriebenen ausgetragen wird. Die humanitäre Lage vor Ort ist dramatisch.»

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte ein stärkeres Engagement der Europäer. «Es war für mich immer klar, dass die Vereinbarung zwischen der Türkei und Russland keine dauerhaft tragfähige Lösung sein kann. Das zeigt sich nun immer deutlicher», sagte die CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. «Die Frage, wie wir die Region so stabilisieren, dass eine sichere Zuflucht für die Menschen, humanitäre Hilfe, ziviler Wiederaufbau und später eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen möglich sind, bleibt eine wichtige Frage für Deutschland und Europa. Nichts zu tun kann für uns keine Option sein.»

Kramp-Karrenbauer hatte im Oktober eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei gefordert - nach Rücksprache mit Merkel, aber ohne Abstimmung mit dem Koalitionspartner SPD. Die Türkei hatte kurz vorher auf syrischem Gebiet eine Offensive gegen kurdische Milizen gestartet. Zuletzt kam es in der Region Idlib im Nordwesten Syriens zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen türkischen und syrischen Truppen, dies hat die Lage verschärft. Die türkische Armee unterstützt dort Rebellen, darunter islamistische Gruppen, und hat mehrere Beobachtungsposten errichtet. Syrische Truppen sind derweil mit russischer Unterstützung auf dem Vormarsch. Hunderttausende sind vor ihren Angriffen auf der Flucht.

Idlib liegt an der türkischen Grenze. Die Türkei, die bereits Millionen syrische Flüchtlinge beherbergt, befürchtet einen weiteren Ansturm und beklagt einen mangelnden Einsatz der internationalen Gemeinschaft.

Gegen Schutzzonen oder eine Flugverbotszone gebe es von russischer Seite im UN-Sicherheitsrat starke Vorbehalte, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. «Russland spielt eine zentrale Rolle in diesem Konflikt. Wir brauchen Russland für eine politische Lösung. Wir denken, dass das derzeitige russische Verhalten in die falsche Richtung geht und wünschen uns von Russland da eine Kurskorrektur.»

Die Grünen zeigten sich einem Medienbericht zufolge offen für den neuen Vorstoß von Merkel und Kramp-Karrenbauer - zweifelten jedoch an der Umsetzbarkeit. «Ich bin für jede Idee dankbar, die den Kindern in Idlib helfen kann. Es ist nicht sichtbar, wie eine Sicherheitszone gegen die russische Lufthoheit militärisch durchgesetzt werden kann», sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er rief Merkel auf, ihren in der Unionsfraktion vorgebrachten Vorschlag zu konkretisieren. Nouripour warnte vor einer abermaligen Scheindebatte um eine Sicherheitszone.

«Ich hoffe, dass Erdogan versteht, dass Nato und EU im Gegensatz zu Putin verlässliche Partner der Türkei sind», sagte Kramp-Karrenbauer der dpa. Das Abkommen mit der EU zu Flüchtlingen sei weiterhin eine wesentliche Grundlage unserer Zusammenarbeit. «Wir Europäer erkennen die große Leistung der Türkei mit der Aufnahme von Millionen Flüchtlingen an und wir werden der Türkei weiterhin dabei helfen, die damit verbundenen Lasten zu tragen», sagte sie. «Ich bin der Auffassung, dass EU und USA jetzt gleichzeitig noch mehr Druck auf Putin und Assad ausüben müssen, um einen Weg zur politischen Beendigung des Krieges in Syrien zu eröffnen.»