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Ohne Interkontinentalraketen
Nordkorea hält zum 70. Gründungstag große Militärparade ab

Wie üblich bei sehr wichtigen Jubiläen setzt Nordkorea auch am 70. Gründungstag auf Pomp und militärische Stärke. Doch scheint sich Pjöngjang bei der Waffenschau aktuell zurückzuhalten. Ein Signal an die USA, die stockenden Atomgespräche fortzuführen?

Pjöngjang (dpa) - Nordkorea hat das 70. Jubiläum der Staatsgründung mit einer großen Militärparade, aber ohne die Drohgebärden der vergangenen Jahre gefeiert.

Anders noch als bei der Heerschau im Februar zum Gründungsjubiläum der Volksarmee verzichtete das abgeschottete Land am Sonntag darauf, Interkontinentalraketen (ICBM) zu zeigen, die das Festland der USA erreichen könnten. Das berichteten übereinstimmend ausländische Medien wie der US-Sender CNN und die japanische Nachrichtenagentur Kyodo aus der Hauptstadt Pjöngjang. Nordkoreas Zurückhaltung galt auch als Signal von Machthaber Kim Jong Un, die Verhandlungen mit den USA über das Atomwaffenprogramm seines Landes möglichst bald fortsetzen und die Annäherung nicht abbrechen zu wollen.

Kim nahm die Parade von einem Balkon auf dem Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang ab, ohne jedoch eine Rede zu halten. Stattdessen richtete das protokollarische Staatsoberhaupt Kim Yong Nam zu Beginn das Wort an die Menge: «Unser Land ist dank der stärksten Verteidigungskapazitäten eine Militärmacht geworden». Auf die Nuklearwaffen ging er jedoch den Berichten zufolge nicht ein.

Kim Jong Un und sein chinesischer Gast Li Zhanshu - der dritthöchste Beamte der Regierungspartei Chinas - hielten sich an den Händen und winkten lächelnd der Menge zu. Die kommunistische Führung in Pjöngjang hatte sich in den vergangenen Monaten verstärkt um eine Verbesserung der Beziehungen zum einstigen großen Verbündeten China bemüht, um ihre Position zu stärken.

Im Zentrum von Pjöngjang marschierten Tausende Soldaten im Stechschritt an den Gästen vorbei. Panzerkolonnen und Raketenfahrzeuge wurden aufgefahren. In der Mitte des Platzes hielten Zivilisten rot- und pinkfarbene Plastikblumen hoch. Die Parade bestand aus einem militärischen und einem großen zivilen Teil, bei dem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes im Vordergrund stand.

Angesichts mangelnder Fortschritte bei den Atomverhandlungen mit den USA waren Beobachter gespannt, ob Nordkorea diesmal wieder Langstreckenraketen zeigen und damit eine besonders an Washington gerichtete Machtdemonstration in Szene setzen werde. Im April hatte Kim verkündet, die Atomtests und Starts von ICBM würden ausgesetzt. Nordkoreas Machthaber hatte auch mehrfach seine Bereitschaft zur «Denuklearisierung» bekräftigt, unter anderem bei seinem spektakulären Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump im Juni in Singapur. Bisher gab es jedoch keine konkreten Zusagen, wie und bis wann abgerüstet werden solle.

Mit seinen Raketen- und Atomtests hatte Nordkorea in den vergangenen Jahren wiederholt gegen UN-Resolutionen verstoßen. Der verarmte, isolierte Staat ist strengen Sanktionen unterworfen. Die USA und ihre Alliierten wollen an den Sanktionen festhalten, bis Nordkorea, das Washington lange Zeit eine feindselige Politik vorwarf, konkrete Schritte für eine Beseitigung seiner Atomwaffen einleitet.

Als weiterer Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten stand nach fünfjähriger Unterbrechung auch die Wiederaufnahme von «Massenspielen» im größten Stadion von Pjöngjang auf dem Programm. Bei diesem sorgfältig choreographierten, früher Arirang-Spiele genannten Propaganda- und Unterhaltungsspektakel präsentieren Zehntausende Darsteller ein Programm aus Gesang, Tanz, Akrobatik und rhythmischer Gymnastik. Nach Angaben von Reiseveranstaltern in Peking, die Touren nach Pjöngjang anbieten, sollen die Spiele bis zum Oktober gezeigt werden.

Am 9. September 1948 wurde in Pjöngjang die Demokratische Volksrepublik Korea ausgerufen. Einen Monat zuvor war im Süden die Republik Korea gegründet worden. Die koreanische Halbinsel wurde 1945 in einen kommunistischen Norden und einen westlich orientierten Süden geteilt. Bis heute befindet sich die Halbinsel völkerrechtlich noch im Kriegszustand, da seit dem Ende des Korea-Kriegs (1950-53) noch immer kein formeller Friedensvertrag geschlossen wurde.