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Pedro Castillo
Perus künftiger Präsident kündigt diverses Kabinett an

Pedro Castillo
Pedro Castillo spricht auf einer Pressekonferenz in seiner Wahlkampfzentrale. Foto: Martin Mejia/AP/dpa
Verfassungsreform, Verstaatlichung, Kontrolle der Presse: Im Wahlkampf machte Castillo mit radikalen Vorschlägen von sich Reden. Hält der politische Newcomer durch oder muss er Zugeständnisse machen?

Lima (dpa) - Nach seinem hauchdünnen Sieg bei der Präsidentenwahl hat Perus künftiger Staatschef Pedro Castillo ein breit aufgestelltes Kabinett angekündigt.

«Wir starten einen Aufruf an alle Fachleute, an die angesehensten und engagiertesten Leute im Land, wir bauen ein Team auf», sagte der gewählte Präsident von der marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre. Der Sekretär der Partei in der Hauptstadt Lima, Richard Rojas, sagte, die künftige Ministerriege sei bereits vollständig. «Wir haben immer gesagt, dass das Kabinett sich aus Vertretern des Volkes zusammensetzen muss, und das Volk hat offensichtlich unterschiedliche politische Farben.»

Castillo wird sein neues Amt am 28. Juli antreten. Zu den Prioritäten seiner neuen Regierung gehören der Kampf gegen die in Peru besonders verheerende Corona-Pandemie und die Stärkung der angeschlagenen Wirtschaft. «Wir denken zunächst an das Wichtigste, an das Dringendste, die Gesundheit des peruanischen Volkes», sagte der künftige Staatschef. «Und danach sehen wir, was wir für die Wirtschaft tun können.

Der Dorfschullehrer hatte sich in der Stichwahl Mitte Juni knapp gegen die Rechtspopulistin Keiko Fujimori durgesetzt. Der 51-Jährige kam auf 50,12 Prozent der Stimmen. Seine Gegnerin Fujimori erhielt 49,87 Prozent. In den vergangenen Wochen hatte das Gericht zahlreiche Beschwerden und Einsprüche vor allem des Fujimori-Lagers zu bearbeiten. Deshalb wurde Castillo erst rund sechs Wochen nach der Stichwahl offiziell als Sieger bestätigt.

Castillo vertritt vor allem das ländliche Peru. Gerade Bauern und Indigene konnten von dem beachtlichen Wirtschaftswachstum Perus der vergangenen Jahre kaum profitieren und leben in bitterer Armut. Bei ihnen verfing sein Slogan: «Keine Armen mehr in einem reichen Land». Castillo lebt selbst auf einem Gehöft in den Bergen der Provinz Chota. Im Wahlkampf ritt auf einem Pferd in abgelegene Dörfer und trug immer wieder die traditionelle Kleidung mit breitkrempigem Hut und Poncho.

Im Wahlkampf hatte Castillo eine neue Verfassung, die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien wie dem Bergbau und eine stärkere Kontrolle der Medien angekündigt. Hinter der Agenda steckt offenbar vor allem der in Kuba ausgebildete Parteichef Vladimir Cerrón. Wie viel Einfluss der Vorsitzende von Perú Libre auf den neu gewählten Präsidenten hat, ist noch unklar. Castillos Wirtschaftsberater Pedro Francke bemühte sich zuletzt schon einmal, die Wogen zu glätten und die Angst vor allzu radikalen Reformen im traditionell marktliberalen Peru zu zerstreuen.

Das knappe Wahlergebnis zeigt in jedem Fall, wie tief gespalten Peru ist. Auch im Kongress verfügt Perú Libre über keine eigene Mehrheit. Castillo dürfte also ohnehin auf Allianzen angewiesen sein, um seine Agenda umzusetzen. Zumal das Parlament in Peru über weitreichende Rechte auch gegenüber der Regierung verfügt: Der Kongress jagte seit 2018 gleich drei Präsidenten aus dem Amt. Wenn Castillo es nicht schafft, breite Teile des Parlaments von seinem Programm zu überzeugen, könnte seine Amtszeit von kurzer Dauer sein.

© dpa-infocom, dpa:210721-99-456701/3