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Außenminister in Helsinki
Russlands Verbleib im Europarat scheint gesichert

Maas und Lawrow
Heiko Maas wird zu Beginn des Ministertreffens des Europarats in Helsinki von Sergej Lawrow, dem Außenminister Russlands, begüßt. Foto: Kay Nietfeld
Um Russland im Europarat zu halten, soll erstmals eine Sanktion wegen der Annexion der Krim fallen. Das stößt bei einigen Mitgliedern der wichtigen Institution zum Schutz der Menschenrechte in Europa auf massive Kritik.

Helsinki (dpa) - Das drohende Ausscheiden Russlands aus dem Europarat scheint abgewendet zu sein. Bei einem Außenministertreffen des Europarates in Helsinki wurde ein entsprechender Kompromiss gefunden.

Der soll Russland die Rückkehr in die Parlamentarische Versammlung des Europarats mit vollem Stimmrecht ermöglichen. Gleichzeitig soll ein neues Sanktionssystem für Verstöße gegen die Grundsätze der wichtigen Institution für den Schutz der Menschenrechte in Europa geschaffen werden.

Als Reaktion auf die Annexion der Krim hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats Russland vor fünf Jahren das Stimmrecht und andere Rechte entzogen. Moskau hatte darauf mit einem Boykott der Versammlung und der Einstellung der Beitragszahlungen reagiert, die zehn Prozent des Gesamtbudgets ausmachen. Der Ausschluss war aus russischer Sicht nicht rechtens gewesen.

Nach dem Wunsch der Außenminister sollen nun bei der nächsten Sitzung Ende Juni wieder alle Mitgliedstaaten inklusive Russlands teilnehmen und den Nachfolger von Generalsekretär Thorbjorn Jagland wählen. Das bedeutet, dass vorher - wahrscheinlich in derselben Sitzung - Russland das Stimmrecht zurückerhalten würde.

Aus russischer Sicht war die Entscheidung von Helsinki ein außenpolitischer Erfolg. «Wir schätzen sehr, dass unsere stringente Linie bei der Wiederherstellung der Gerechtigkeit unterstützt wurde», sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Zugleich forderte er die Parlamentarier auf, die Entscheidung im Juni umzusetzen. Dann erst könne der «Schlusspunkt» gesetzt werden.

Es wäre das erste Mal, dass eine Sanktion gegen Russland wegen der Annexion der Krim rückgängig gemacht würde. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte sich vor der Sitzung in Helsinki für einen Verbleib Russlands im Europarat stark gemacht. «Ich glaube, dass diejenigen, die Russland aus dem Europarat drängen wollen, dem Europarat mehr schaden damit, als dass sie Russland schaden», sagte Maas nach den Beratungen. «Denn wir wissen, dass die russische Zivilgesellschaft, 140 Millionen Menschen, auch weiterhin Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben wollen.»

Gerade mit Blick auf die Zivilgesellschaft sei der Verbleib Russlands im Europarat «außerordentlich wichtig», sagte Maas. «Russland gehört in den Europarat.» Ähnlich hatte sich bereits zuvor der französische Präsident Emmanuel Macron geäußert.

Es gibt aber auch Gegner einer Einigung. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin sagte seine Teilnahme an dem Ministertreffen das erste Mal seit vielen Jahren ab. Die Ukraine ist wegen des Konflikts mit Russland strikt dagegen, dass das Land wieder als vollwertiges Mitglied in dem Staatenbund mitarbeitet. Allerdings steckt die Ex-Sowjetrepublik gerade in einer Phase des politischen Umbruchs. An diesem Montag wird der neue Präsident Wolodymyr Selenskyj in sein Amt eingeführt. Außerdem zerbrach am Freitag die Regierungskoalition in dem Land.

Klimkin hatte zuvor bei Facebook auch mit Blick auf den Krieg in der Ostukraine eindringlich davor gewarnt, die Beziehungen zu Russland wieder zu normalisieren. Russland unterstützt die prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Auch Litauens Außenminister Linas Linkevicius äußerte sich kritisch zum Kompromiss. Der Europarat müsse «die aggressiven Handlungen Russlands» im Einklang mit seinen Werten einschätzen, meinte er.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat die Aufgabe, über die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten zu wachen. Die wichtigste Einrichtung des Europarates ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der besonders häufig aus Russland angerufen wird. Seine Arbeit basiert auf der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte, die von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde. Verlässt Russland den Europarat, hätten russische Bürger keine Möglichkeit mehr, ihre Rechte am Europäischen Gerichtshof einzuklagen.