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Abgeordnete im US-Kongress
Umstrittene Republikanerin verliert Ausschussposten

Marjorie Taylor Greene
Marjorie Taylor Greene aus dem Bundesstaat Georgia hat seit Januar einen Sitz im Repräsentantenhaus. Foto: Andrew Harnik/AP/dpa
Mit Verschwörungstheorien und Gewaltfantasien hat Marjorie Taylor Greene von sich reden gemacht. Dass so jemand im Bildungsausschuss des US-Kongresses sitzt, wollten die Demokraten nicht durchgehen lassen. Sie griffen daher zu einem drastischen Mittel.

Washington (dpa) - Eine als Anhängerin von Verschwörungstheorien bekannte republikanische Abgeordnete muss wegen hoch umstrittener Äußerungen ihre Posten in mehreren Ausschüssen im US-Kongress räumen.

Das Repräsentantenhaus stimmte am Donnerstagabend (Ortszeit) dafür, Marjorie Taylor Greene aus den Ausschüssen für Bildung und Arbeit sowie aus dem Haushaltsausschuss zu werfen. 219 Demokraten und 11 Republikaner unterstützten das Vorgehen, 199 Republikaner waren dagegen. Greene gilt als glühende Anhängerin von Ex-Präsident Donald Trump und Sprachrohr für rechtes Gedankengut.

Greene selbst äußerte kurz vor der Abstimmung ihr Bedauern über einzelne Äußerungen aus der Vergangenheit. Demokraten taten das aber als halbherzig und wenig glaubwürdig ab. Der Schritt, sie aus den Ausschüssen zu werfen, ist jedoch höchst ungewöhnlich, denn normalerweise wird die Besetzung von Ausschüssen von den Fraktionen geregelt. Der Minderheitsführer der Republikaner in der Kammer, Kevin McCarthy, hatte eine Degradierung Greenes zuvor aber abgelehnt.

Die Abgeordnete aus dem Bundesstaat Georgia hat seit Januar einen Sitz im Repräsentantenhaus. Die 46-Jährige hatte sich mit Thesen der QAnon-Verschwörungstheorie hervorgetan. Deren Anhänger glauben beispielsweise, dass Trump systematischen Kindesmissbrauch durch satanistische Politiker der US-Demokraten aufzudecken versuchte.

Die stramm rechte Republikanerin ist aber nicht nur wegen ihrer QAnon-Sympathien umstritten. Sie soll unter anderem die Anschläge vom 11. September 2001 in Frage gestellt haben. Die Wahl mehrerer muslimischer Abgeordneter der Demokraten ins Repräsentantenhaus vor gut zwei Jahren nannte sie in einem Video «eine islamische Invasion». US-Medien berichten unter Berufung auf inzwischen meist gelöschte Beiträge in sozialen Medien aus den vergangenen Jahren, Greene habe im Januar 2019 einen Facebook-Post mit einem «Like» versehen, in dem ein User vorschlug, der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, «eine Kugel in den Kopf» zu schießen.

Eine Verschwörungstheorie, wonach das Schulmassaker in Parkland 2018 inszeniert war, habe Greene mit «Genau!» kommentiert, hieß es in den Berichten weiter. Auf Facebook habe sie 2018 beispielsweise auch verbreitet, dass Pelosi weitere Schulmassaker wolle, um die US-Waffengesetze zu verschärfen.

Greene meldete sich am Donnerstag selbst zu Wort und äußerte ihr Bedauern über einzelne Äußerungen aus der Vergangenheit. Im Jahr 2018 sei sie eine Zeit lang - aus Misstrauen gegenüber der Regierung - Thesen der QAnon-Verschwörungstheorie gefolgt und habe diese auch weiterverbreitet. Sie habe Dinge geglaubt, die nicht wahr seien. «Das bedaure ich sehr.» Deshalb habe sie sich davon losgesagt.

Greene betonte, sie habe nichts davon während ihrer Wahlkampfkampagne oder während ihrer Zeit im Kongress gesagt. «Das waren Worte aus der Vergangenheit.» Sie seien nicht Ausdruck ihrer Werte. Im Kontrast zu früheren überlieferten Äußerungen betonte die Republikanerin nun auch, Schulmassaker und die Terroranschläge vom 11. September 2001 seien real. «Ich glaube nicht, dass das erfunden ist.»

Der Demokrat Jim McGovern warf Greene vor, sie habe in ihrer Rede lediglich einen Teil ihrer Äußerungen aus dem Jahr 2018 bedauert. Er habe aber keinerlei Entschuldigung für diverse gefährliche und schockierende Äußerungen aus anderen Jahren gehört. Auch habe Greene QAnon-Anhänger erst kürzlich noch als Patrioten bezeichnet.

Greene ist nicht nur unter Demokraten, sondern unter ihren Republikanern höchst umstritten. Jüngst hatte etwa deren Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gewarnt: «Verrückte Lügen und Verschwörungstheorien sind ein Krebsgeschwür für die Republikanische Partei und unser Land.» Er nannte Greene dabei zwar nicht namentlich, die Adressatin seiner Worte schien aber klar. Greene revanchierte sich schnell auf Twitter und erklärte, «der wahre Krebs für die Republikanische Partei sind schwache Republikaner».

Auch in Richtung der Demokraten teilte sie aus: Dem «Washington Examiner» sagte Greene erst am Mittwoch, das Vorgehen der Demokraten gegen sie im Kongress sei dumm. «Sie merken nicht einmal, dass sie mir helfen. Ich bin ziemlich erstaunt darüber, wie dumm sie sind.» Greene hat nach eigenen Angeben Spenden in Rekordhöhe eingesammelt, seit die Demokraten in Washington den Druck auf sie erhöht haben.

Die republikanische Fraktion hatte am Mittwochabend (Ortszeit) lange über den Umgang mit Greene diskutiert. Die «Washington Post» schrieb, die Abgeordnete habe auch bei der Sitzung Reue für einige ihrer umstrittenen Aussagen gezeigt - und am Ende viel Applaus bekommen.

Pelosi, die selbst Ziel von Greenes verbalen Attacken geworden war, sagte am Donnerstag, sie sei sehr besorgt darüber, dass die Führung der Republikaner in der Kammer extreme Verschwörungstheorien in ihren Reihen akzeptiere. Es sei bedauerlich, dass die Republikaner-Führung nicht aus Verantwortung dem Kongress gegenüber selbst tätig geworden sei und die Abgeordnete aus den Ausschüssen abgezogen habe.

© dpa-infocom, dpa:210205-99-309089/2