1. Startseite
  2. Überregionales
Logo

Parteichef(in) gesucht
Zehn Tory-Politiker für Nachfolge von Theresa May nominiert

Brexit-Hardliner Johnson
Er ist wieder da: Nachdem Boris Johnson sich in den vergangenen Wochen zurückgehalten hatte, scheint er im Rennen um das Amt des Premierministers zur Höchstform aufzulaufen. Foto: Rui Vieira/AP
Kandidaten
Zwei von zehn Kandidaten für den Parteivorsitz: der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab (l) und Gesundheitsminister Matt Hancock. Foto: David Mirzoeff/PA Wire
Theresa May und Boris Johnson
Theresa May hört als Parteichefin der Tories auf. Beste Chancen für ihre Nachfolge hat ihr größter Rivale Boris Johnson. Foto: Matt Dunham/AP Pool/Archiv
Jeremy Hunt
Jeremy Hunt gilt als ernstzunehmender Konkurrent von Boris Johnson. Foto: Matt Dunham/AP
Andrea Leadsom
Andrea Leadsom, frühere Ministerin für Parlamentsfragen, ist eine von zwei Frauen unter den zehn Kandidaten. Foto: kommt in ihrem Zuhause an. Leadsom ist von ihrem Amt zurückgetreten. Foto: Victoria Jones/PA Wire
Sajid Javid
Als Sohn eines pakistanischstämmigen Busfahrers verkörpert Innenminister Sajid Javid den Traum vom sozialen Aufstieg in einer stark durch Klassendenken geprägten Gesellschaft. Foto: David Mirzoeff/PA Wire
Michael Gove
Umweltminister Michael Gove dürfte nach seiner Drogenbeichte eher schlechte Chancen haben. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire
Esther McVey
Auch die ehemalige Ministerin für Arbeit und Rente, Esther McVey, bewirbt sich um das Amt der Parteicheifn. Foto: David Mirzoeff/PA Wire
Theresa May
Wer folgt Theresa May als Vorsitzende(r) der Konservativen Partei nach? Foto: Leon Neal/PA Wire
Gleich zehn Kandidaten haben die erste Runde im Rennen um die Nachfolge für Regierungschefin May geschafft. Ex-Außenminister Boris Johnson sorgte sogleich wieder für einen Paukenschlag.

London (dpa) - Insgesamt zehn von elf Bewerbern sind für die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May nominiert. Das teilte ein Komitee der regierenden Konservativen Partei am Montag in London mit.

Wer von ihnen tatsächlich neuer Parteichef und damit auch Premierminister wird, soll erst Ende Juli feststehen. Als Favorit gilt der umstrittene Ex-Außenminister Boris Johnson. Er ist zwar als Chefdiplomat in etliche Fettnäpfchen getreten. Viele trauen ihm aber zu, enttäuschte Brexit-Wähler, die sich von den Konservativen abgewendet haben, zurückzugewinnen.

Nominiert sind ebenfalls Außenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael Gove, der frühere Brexit-Minister Dominic Raab, Innenminister Sajid Javid, Gesundheitsminister Matt Hancock, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, die frühere Ministerin für Parlamentsfragen Andrea Leadsom, Ex-Arbeitsministerin Esther McVey und der EU-freundliche Abgeordnete Mark Harper.

Jeder Kandidat brauchte die Unterstützung von mindestens acht Abgeordneten. Nur der frühere Hochschul-Staatssekretär Sam Gyimah hatte diese Hürde nicht geschafft.

Johnson sorgte mit neuen Plänen sogleich wieder für Aufsehen. Er kündigte an, die vereinbarte Schlussrechnung für den EU-Ausstieg in Höhe von 39 Milliarden Pfund (rund 44 Milliarden Euro) vorerst zu stoppen. Auch eine deutliche Senkung der Einkommenssteuer für gut verdienende Briten stellte er in Aussicht, sollte er Regierungschef werden. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon bezeichnete die Pläne des Brexit-Hardliners umgehend als eine «Horrorshow».

Bei der Brexit-Schlussrechnung handelt es sich um langfristige Lasten wie Pensionszahlungen für EU-Beamte. Johnson sagte der «Sunday Times», er würde das Geld so lange nicht bezahlen, bis es bessere Bedingungen und «mehr Klarheit» über das weitere Vorgehen gebe.

Seine Äußerungen stießen in Brüssel umgehend auf Protest: «Das schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit Großbritanniens als internationaler Partner, sondern ist absolut inakzeptabel», twitterte der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt.

Vor allem Außenminister Hunt könnte Johnson noch gefährlich werden. Er hat eine Wandlung vom EU-Befürworter zum Brexit-Anhänger durchgemacht. Viele glauben, dass er sich damit schon in Position bringen wollte als potenzieller Premierminister.

Die Aussichten für Gove, May beerben zu können, dürften sich hingegen verschlechtert haben: Der Umweltminister gab am Wochenende zu, vor mehr als 20 Jahren mehrmals Kokain konsumiert zu haben - und wurde dafür von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Er selbst sprach von einem großen Fehler, wollte aber an seiner Kandidatur festhalten.

Kritiker sehen in Gove auch einen Wendehals. Er gilt als bestens vernetzt - im Parlament sowie bei den Mächtigen in der Welt der Medien. Als er nach einem gescheiterten Versuch, Premierminister zu werden, kurzzeitig auf den hinteren Bänken im Parlament Platz nehmen musste, arbeitete er nebenberuflich als Journalist. Er gilt als Protegé des US-Medienmoguls und Trump-Verbündeten Rupert Murdoch.

May hatte im Zuge des Brexit-Streits am vergangenen Freitag ihr Amt als Parteichefin aufgegeben. Ihr war es nicht gelungen, das Parlament oder auch nur ihre eigene Partei auf einen gemeinsamen Kurs zu bringen. Drei Mal hatte das Unterhaus ihren mit Brüssel ausgehandelten Deal für den EU-Austritt krachend durchfallen lassen.

Wie geht es in den nächsten Wochen nun weiter? Das Verfahren ist in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase wird das Feld der Bewerber von den Tory-Abgeordneten in mehreren Wahlgängen auf zwei reduziert. Diese beiden müssen sich einer Stichwahl unter den rund 160 000 Parteimitgliedern stellen. Bis Ende Juli soll der Sieger feststehen und May auch an der Regierungsspitze ablösen.

Bei der ersten Abstimmungsrunde am kommenden Donnerstag (13. Juni) scheiden alle Bewerber aus, die nicht mindestens 17 Stimmen erhalten. Weitere Abstimmungsrunden sind am 18., 19. und 20. Juni vorgesehen.