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OLG München
Gericht erlaubt Bäckerei Brötchenverkauf den ganzen Sonntag

Semmeln
Semmeln des Anstoßes - ein Gericht in München befasst sich damit. Foto: Federico Gambarini
Wann ist der Verkauf eines Sonntagsbrötchens legal und wann nicht? In dieser Frühstücksfrage hat das Oberlandesgericht München ein Urteil verkündet - mit bundesweiter Signalwirkung.

München (dpa) - Wenn eine Bäckerei auch ein Café betreibt, darf sie den ganzen Sonntag über unbelegte Brötchen verkaufen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden.

Das Gericht wies eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen eine Bäckereikette mit Filialen in München in zweiter Instanz ab (Az: 6 U 2188/18). Das Urteil hat bundesweite Signalwirkung, voraussichtlich wird der Fall beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe landen. Wegen der grundsätzlichen und bundesweiten Bedeutung ließ das Gericht die Revision zu.

Die Wettbewerbszentrale hatte versucht, der Bäckerei den Verkauf von Backwaren für mehr als drei Stunden an Sonn- und Feiertagen zu verbieten und auf Unterlassung geklagt. Der Vorwurf: Illegaler Backwarenverkauf in mehreren Fällen. Testkäufer, wohl von der Konkurrenz angeheuert, hatten unter anderem an einem Sonntag im Februar 2016 um 11.12 Uhr Stangenbrot, Römerbrötchen und Vollkornbrötchen gekauft und um 15.46 Uhr noch einmal.

Das ist ein Problem, denn nach dem Ladenschlussgesetz des Bundes dürfen Bäckereien an Sonn- und Feiertagen höchstens drei Stunden lang Brötchen und Brezeln verkaufen. Und das gilt in Bayern, weil der Freistaat kein eigenes Landesgesetz hat. Betreiben Bäckereien aber zusätzlich ein Café, fallen sie unter das Gaststättengesetz und dürfen «zubereitete Speisen» für den baldigen Verzehr auch länger verkaufen.

Das Gericht entschied nun mit dem Urteil vom Donnerstag, dass ein Brötchen eine zubereitete Speise sei - auch wenn keine Scheibe Käse darauf liegt. Denn bei den Backwaren handle es sich um «verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden» seien.

Es entspreche «der Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen und/oder Brot und sonstige Backwaren bestellen können, etwa im Rahmen eines Frühstücks», hieß es in der Urteilsbegründung. Man könne davon ausgehen, dass die Brötchen für den «alsbaldigen Verzehr» bestimmt seien, solange es sich nicht um große Mengen handle.

Damit folgte das Gericht der Argumentation der Bäckereikette und ihrer Anwältin Elke Fürnrieder. Sie selbst - laktose- und fruktoseintolerant - bestelle sich durchaus eine nackte Breze, wenn sie mit Kollegen essen gehe. «Es kann mir die Klägerin ja nicht vorschreiben, dass ich eine Torte essen muss», hatte sie in der mündlichen Verhandlung im Dezember gesagt. «Das sollte sie schon dem Konsumenten überlassen, was er als Speise konsumieren möchte.»

Mit dem Urteil bestätigte das OLG die Entscheidung des Landgerichts München II (Az: 12 O 4218/17), doch damit ist der Streit möglicherweise noch nicht beigelegt. Das OLG ließ die Revision zum BGH zu. Denn über die Auslegung der maßgeblichen Vorschrift im Gaststättengesetz, also über die Frage, ob ein Brötchen eine zubereitete Speise ist, sei bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Und diese Frage könne sich auch in weiteren Fällen überall in Deutschland stellen.

Die Wettbewerbszentrale hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, die Sache in Karlsruhe grundlegend und ein für alle Mal klären zu lassen. «Wir werden uns die Urteilsgründe jetzt sehr genau anschauen und dann entscheiden, ob wir zum BGH gehen», sagte Sprecher Andreas Ottofülling nach Verkündung des OLG-Urteils. Ansetzen könnte man seiner Ansicht nach bei der Definition der «größeren Menge». Bei den Testkäufen, die der Klage zugrunde lagen, wurden aus seiner Sicht nämlich durchaus «größere Mengen» gekauft. In einem Fall waren es acht Semmeln, eine Brezel und ein kleines Brot.