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Gas-Alarmstufe
Lemke: Privathaushalte müssen mit Gas versorgt bleiben

Steffi Lemke
Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) bei einer Pressekonferenz in Weimar. Foto: Martin Schutt
Die Debatte um den Umgang mit der Gaskrise in Deutschland ist voll in Gang. Wie können drastische Knappheiten noch verhindert werden? Und wer muss beim Gasverbrauch als erstes zurückstecken?

Berlin. Nach Ausrufung der Gas-Alarmstufe hat Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke den Vorrang bestimmter Teile der Gesellschaft bei der Versorgung betont.

«Für mich ist besonders wichtig, dass in allen Stufen dieses Notfallplans die Versorgung von privaten Haushalten und sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern gesichert ist und sie besonders geschützt sind», sagte die Grünen-Politikerin der dpa. «Für die Bundesregierung ist es zentral, dass die Energieversorgung in Deutschland gesichert bleibt.»

Nach der drastischen Verringerung der Gaslieferungen aus Russland infolge des Ukraine-Kriegs hatte die Regierung am Donnerstag die Alarmstufe im sogenannten Notfallplan Gas ausgerufen. Der Plan hat drei Stufen: Frühwarn-, Alarm- und Notfallstufe. Bei der Alarmstufe liegt eine Störung der Versorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Versorgung führt. Der Markt ist aber noch in der Lage, dies zu bewältigen.

Rückendeckung für Habeck

Lemke nannte die entsprechende Einstufung durch Wirtschaftsminister Robert Habeck (ebenfalls Grüne) eine «harte, aber richtige Entscheidung». Die Ministerin unterstützte auch Habecks Appell zum Energiesparen. «Hier sind alle gefordert: Unternehmen, öffentliche Einrichtungen genauso wie Privathaushalte.»

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hält eine Verdreifachung der Verbraucherpreise für Gas für möglich. «Wenn man es hochrechnet, kommt es sehr darauf an, wie Sie heizen, wie Ihr Gebäude gebaut ist. Aber es kann zu einer Verdreifachung der bisherigen Gasrechnung kommen», sagte Müller den Sendern RTL/ntv.

Habeck sagte im RTL-Nachtjournal, die «Preiswelle» sei «faktisch nicht mehr abzuwenden». Auf die Frage, ob er befürchte, dass Russland nach einem für Mitte Juli geplanten Wartungsintervall der Gaspipeline Nord Stream 1 gar kein Gas mehr liefern werde, sagte er: «Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich befürchte es nicht.»

Im ZDF-«heute journal» sagte er, dass Russlands Staatspräsident Wladimir Putin mit der schrittweisen Reduzierung der Gasexporte den Plan verfolge, die Preise in Deutschland und Europa hochzuhalten, «um damit gesellschaftliche Unruhe zu steigern». Die Maßnahmen der Bundesregierung sollten auch der Geschlossenheit der Gesellschaft dienen - «dass Putin nicht gewinnt, darum geht es».

CDU-Politikerin: Es darf «keine Tabus mehr geben»

Der Wirtschaftsflügel der CDU fordert Habeck auf, einer längeren Laufzeit für die verbliebenen drei Atomkraftwerke in Deutschland zuzustimmen. «Bevor Bürger im Kalten sitzen und Betriebe stillgelegt werden, muss die Bundesregierung über ihren Schatten springen», sagte die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU, Gitta Connemann, der dpa. In zwölf Wochen beginne die Heizperiode, warnte die Bundestagsabgeordnete. «Jetzt darf es keine Tabus mehr geben.» Habeck solle nicht erklären, sondern müsse handeln.

Auch der Ökonom Volker Wieland befürwortet eine längere Laufzeit. «Spätestens jetzt ist es dringend geboten, Erdgas so weit wie möglich aus der Stromproduktion zu nehmen», sagte er der «Bild»-Zeitung. Die Regierung sollte «alle Möglichkeiten zum Ersatz nutzen».

© dpa-infocom, dpa:220623-99-778177/3