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Sorge um Zulieferer
Metaller vor schwieriger Tarifverhandlung

Jörg Hofmann
Erster Vorsitzender der IG Metall Jörg Hofmann. Foto: Daniel Karmann/dpa
Im Frühjahr stehen schwierige Tarifverhandlungen für den Kern der deutschen Industrie an. Die IG Metall will sich nicht langfristig binden. Sie sorgt sich um die Beschäftigten wie auch um eine Vielzahl schwacher Betriebe.

Frankfurt/Main (dpa) - In der deutschen Metall- und Elektroindustrie richten sich die Tarifparteien auf eine schwierige Tarifrunde im kommenden Frühjahr ein.

Vor dem Hintergrund schwächerer Konjunkturdaten und anstehender Strukturveränderungen insbesondere im Auto-Bereich setzen IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall unterschiedliche Schwerpunkte.

IG Metall-Chef Jörg Hofmann sorgt sich um eine Vielzahl kleiner und mittlerer Zulieferbetriebe in der Autoindustrie. Es gebe eine Gruppe von Unternehmen, die 75 Prozent und mehr Umsatz mit Komponenten des Verbrennermotors machten, sagte der Erste Vorsitzende der Gewerkschaft der Deutschen Presse-Agentur. Den Betrieben mit zusammen knapp 300.000 Arbeitsplätzen fehlten häufig zukunftsweisende Geschäftsideen und zudem der Zugang zu Kapital.

«Diese Betriebe brauchen andere Rahmenbedingungen», erklärte Hofmann. Erneut schlägt die IG Metall wie bereits in der Währungs- und Finanzkrise 2008/2009 einen milliardenschweren Zukunftsfonds vor, mit dem der Staat Erstrisiken für Kredite übernehmen solle. Auf dem normalen Kapitalmarkt mit erneut verschärften Kreditvorschriften trage die Branche bereits das «Kainsmal» auf der Stirn, wobei Chancen zur Neuausrichtung nicht wahrgenommen würden.

Die Gewerkschaft wirbt zudem in der Branche um Beteiligung an einer Management-Agentur, die schwachen Betrieben mit Know-how und erfahrenen Managern helfen könnte. «Manchen Unternehmen fehlt es auch schlicht an Ideen, was man sonst noch herstellen könnte», sagte Hofmann.

Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger kritisierte erneut den vor zwei Jahren beschlossenen Flächentarifvertrag. «Der Tarifabschluss hat viele Unternehmen überfordert, sowohl was die Höhe des Entgelts als auch die Komplexität seiner Umsetzung angeht», kritisierte Dulger. «Wir müssen wieder dahinkommen, dass wir einfachere, tragbare und verständlichere Tarifabschlüsse haben.»

Die wirtschaftliche Situation beurteilen die Arbeitgeber skeptisch. «Wir befinden uns derzeit in einer Rezession», sagte Dulger. Zwischen Januar und Oktober des laufenden Jahres sei die Produktion in der Branche um rund fünf Prozent im Vorjahresvergleich zurückgegangen. «Die Auftragseingänge liegen sogar um 5,6 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Und es sieht nicht nach Erholung aus.» Unsicherheiten wie der Brexit und der Handelsstreit zwischen den USA und China belasteten die exportstarke Industrie schwer.

Die IG Metall beurteilt die konjunkturelle Lage ihrer Branchen trotz der weltweit abgeschwächten Autonachfrage als nicht dramatisch. Zwar bauten die Betriebe in großem Umfang Leiharbeit ab und insbesondere bei den Autozulieferern steige die Zahl der Kurzarbeitsanmeldungen. Vieles spreche aber auch dafür, dass sich die Konjunktur bereits im zweiten Halbjahr 2020 wiederbelebe, erklärte Hofmann. Wegen der bestehenden Unsicherheiten strebe man keinen Abschluss mit einer langen Laufzeit an. «Mit einer kurzen Laufzeit bleiben Korrekturen möglich.»

Inhaltlich will die Gewerkschaft versuchen, die geplanten gesetzlichen Verbesserungen bei der Kurzarbeit tariflich zu unterstützen. Ein Ziel könnte es sein, die Einkommenseinbußen für die Betroffenen zu minimieren und die Kurzarbeit enger an Qualifizierungen zu koppeln, sagte Hofmann. Weitere Arbeitszeitverkürzungen stünden hingegen nicht im Mittelpunkt der derzeit laufenden Diskussionen innerhalb der Gewerkschaft. Ihre Forderungen will die IG Metall im kommenden Jahr festzurren.

Enttäuscht zeigten sich beide Seiten über die ergebnislos abgebrochenen Verhandlungen über die Einführung der 35-Stunden-Woche im Osten. Dulger kritisierte das Vorgehen der IG Metall. «Wir waren uns eigentlich schon in vielen Punkten einig», sagte er. Der Sozialpartner müsse sich intern klar werden, was er eigentlich wolle.

Die Arbeitgeber hätten immer neue Themen aufgemacht, so dass man in dieser Konstellation nicht weiterkomme, sagte hingegen Hofmann. «Wir werden mit dem Thema nun in den Betrieben antreten, in denen wir durchsetzungsfähig sind», kündigte der Gewerkschafter eine Initiative vor allem in den Ost-Werken der großen Autohersteller an.