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Haushalt
Regierung: Keine Abstriche beim Sozialen wegen Krieg

Hubertus Heil
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag. Foto: Fabian Sommer
100 Milliarden für die Bundeswehr, Integration der Geflüchteten - gehen die Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine zu Lasten der Menschen in Deutschland? Nein, verspricht der Arbeitsminister im Bundestag.

Berlin. Die geplanten Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr sowie staatliche Hilfen für Geflüchtete sollen nach Aussage der Bundesregierung nicht zu Lasten der deutschen Bevölkerung gehen.

«Wir dürfen nicht Rente gegen Rüstung ausspielen in dieser Gesellschaft und übrigens auch nicht Geflüchtete gegen Einheimische», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei den Haushaltsberatungen im Bundestag. Die Opposition warf der Regierung unzureichende Programme für Bürgerinnen und Bürger in Deutschland vor.

Heil: «Werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen»

Heil sagte, der Überfall von Wladimir Putin auf die Ukraine «zwingt uns in vielerlei Hinsicht zur Neuausrichtung unserer Politik». Es gehe aber darum, «dass wir besonders diejenigen nicht aus dem Blick verlieren, die es auch sonst in anderen Zeiten nicht leicht haben». Die Politik habe den Arbeitsmarkt in der Pandemie unter anderem mit Mitteln wie Kurzarbeit und Wirtschaftshilfen gestützt. Nun werde die Regierung den Arbeitsmarkt auch robust durch die Krise als Folge des Ukraine-Kriegs bringen. «Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen», versicherte Heil.

Der Etat für Arbeit und Soziales ist der mit großem Abstand ausgabenstärkste des Bundeshaushaushalts. Vorgesehen sind Ausgaben von 160,1 Milliarden Euro - mehr als ein Drittel des Gesamtetats. Allein für die Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind Bundeszuschüsse von knapp 116,2 Milliarden Euro vorgesehen. Im Vergleich zum Vorjahr muss Heil mit einem Rückgang um 2,9 Prozent insgesamt planen.

Streit gab es im Plenum um die Entlastungen wegen der hohen Benzinpreise, die die Ampelkoalition zuletzt in einer Nachtsitzung beschlossen hatte. Der Sozialexperte der Union, Stephan Stracke (CSU), warf der Ampel vor, die Entlastungen reichten nicht aus. So brächten etwa Hilfen wie Energiegeld oder Einmalzahlungen für Bedürftige «dem produzierenden Gewerbe zu wenig». Nötig seien Überbrückungshilfen für die Wirtschaft.

Grüne für Sondersteuer auf Extragewinne von Ölfirmen

Der Grünen-Sozialpolitiker Frank Bsirske forderte eine Sondersteuer auf Extragewinne von Ölfirmen. Wegen der hohen Benzinpreise sagte der frühere Chef der Gewerkschaft Verdi über die Mineralölkonzerne: «Das sind Kriegsgewinnler, Profiteure des Krieges, Konzerne, die aus der Not der Menschen, aus den Wirkungen des Krieges Extraprofite schlagen.» Er fragte: «Wollen wir die Extraprofite dieser Konzerne wirklich unter Welpenschutz stellen und als sakrosankt hinnehmen?»

Bsirske erinnerte daran, dass der Staat mit Milliardenkrediten den Folgen des Kriegs in der Ukraine begegne. Nun müsse Deutschland den Weg gehen, den zuletzt Italien gegangen sei, «nämlich mindestens einen Teil dieser Extraprofite mittels einer Übergewinnsteuer zugunsten der Allgemeinheit abzuschöpfen». In Italien wird ein Preisrabatt auf Benzin und Diesel unter anderem mit einer Sondersteuer auf Extragewinne der Ölfirmen finanziert. In der Koalition wurde dies bisher nicht breiter diskutiert.

Die AfD-Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing warf der Regierung unter anderem vor, mehr Geld fürs Klima ausgeben zu wollen, aber weniger für die Menschen. Susanne Ferschl von der Linken forderte Nachbesserungen am Etatentwurf - denn unter anderem fehle für eine konsequente Armutsbekämpfung eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze. Ferschl forderte außerdem, dass der Bund Mittel für die Bundesagentur für Arbeit nicht als Darlehen, sondern als Zuschüsse überweist.

Die FDP-Politikerin Claudia Raffelhüschen räumte ein: «Trotz relativ zur Wirtschaftsleistung höchsten Steuereinnahmen sind wir in dieser Sondersituation leider gezwungen, eine neue hohe Neuverschuldung einzugehen.» Sie versicherte aber: «Dabei darf es auf Dauer natürlich nicht bleiben, zumal wir die ganze Last der Schulden unseren Kindern aufbürden.» Nötig sei eine Rückkehr zu einer nachhaltigeren Haushaltspolitik.

© dpa-infocom, dpa:220325-99-669640/3