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Schau in Köln
Rembrandt malte gegen den Jugendwahn an

Ausstellung "Inside Rembrandt 1606-1669"
"Der Gelehrte im Studierzimmer" von Rembrandt im Wallraf-Richartz-Museum. Foto: Oliver Berg/dpa
Ausstellung "Inside Rembrandt 1606-1669"
"Selbstportrait als Zeuxis" von Rembrandt in der Schau "Inside Rembrandt 1606-1669" zum 350. Todestag des holländischen Meisters. Foto: Oliver Berg/dpa
Was war eigentlich so toll an Rembrandt? Eine Ausstellung in Köln zeigt es jetzt. Und führt bei der Gelegenheit vor, dass früher keine jungen schönen Menschen hip waren, sondern alte. Es konnte gar nicht runzlig genug sein.

Köln (dpa) - Blutjung waren die beiden Kerle, mit langen Mähnen, Goldohrring und Flaumbart, und galten doch schon als kommende Stars der Kunstszene: Rembrandt Harmenszoon van Rijn und Jan Lievens um das Jahr 1630.

Aber was malten diese beiden Freunde, die gleichzeitig als Rivalen miteinander wetteiferten? Greise! Frauen und Männer mir runzliger, durchscheinender Haut, hängenden Augenlidern, eingefallenen Mundwinkeln und erloschenem Blick.

Wenn man durch die Ausstellung «Inside Rembrandt» anlässlich seines 350. Todestags im Kölner Wallraf-Richartz-Museum läuft, dann sieht man vor allem steinalte Menschen. Es ist geradezu eine Schau gegen den Jugendwahn. «Rembrandt war vor allem fasziniert vom Typ des weisen Gelehrten», erläutert die Kuratorin Anja Sevcik.

Ein Höhepunkt ist der großformatige «Gelehrte im Studierzimmer» ein wenig bekanntes Meisterwerk, weil es seit 70 Jahren ununterbrochen in der Nationalgalerie Prag hing und erst jetzt erstmals ausgeliehen wurde. Hier steckt Rembrandt den weißhaarigen Intellektuellen auch noch in ein «fancy dress», ein exotisches Kostüm aus dem Orient. «Das war damals doppelt hip», erläutert Sevcik. «Dabei präsentiert er den Gelehrten aber nicht etwa dozierend, sondern in Gedanken versunken. Er sucht noch nach Antworten.»

Daneben gibt's zur Auflockerung auch ein paar jugendliche Gegenpole in der Ausstellung, darunter Nymphen, reiche Bürgerinnen und Rembrandts große Liebe Saskia van Uylenburgh. Und ganz klein in der rechten unteren Ecke des Gemäldes «Bad der Diana» aus der Wasserburg Anholt einen Frosch, der ja ein schöner junger Prinz sein könnte.

Es ist heute wenig bekannt, dass Deutschland mehr Rembrandt-Gemälde besitzt als die Niederlande. Köln ist allerdings nicht gerade ein Rembrandt-Hotspot, was damit zu tun hat, dass die Stadt früher erzkatholisch war und Rembrandt als protestantischer Maler galt. Die wichtigsten deutschen Rembrandt-Museen sind die Gemäldegalerien in Berlin, Dresden und Kassel.

Dennoch ist es jetzt das Kölner Museum, das vom 1. November bis zum 1. März die deutsche Sonderausstellung zu Rembrandts 350. Todestag organisiert. Man darf zwar nicht erwarten, dort um die Ecke zu biegen und Hauptwerke wie die «Nachtwache», die «Anatomie des Doktor Tulp» oder «Die Judenbraut» vor sich zu sehen. Dennoch bietet die Ausstellung einen ausgezeichneten Überblick über Rembrandts Universum. Sie umfasst 13 seiner Gemälde, fünf Zeichnungen und 41 Radierungen. Dazu kommen 50 Werke von Zeitgenossen, vor allem von Schülern.

Da Rembrandt schon in jungen Jahren berühmt wurde, wollten viele angehende Künstler so malen wie er - und bezahlten viel Geld dafür, von ihm ausgebildet zu werden. Einige konnten ihn danach so gut imitieren, dass man ihre besten Arbeiten nicht mehr vom Vorbild unterscheiden konnte. Der berühmteste deutsche «Rembrandt» war lange Zeit «Der Mann mit dem Goldhelm» aus Berlin. Heute gilt er als Werk eines Nachfolgers. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Was ist überhaupt so Besonderes an Rembrandt? Hier, in der Zusammenschau mit seinen Zeitgenossen, sieht man es sofort. Er ist einfach unglaublich gut. Und bei so manchem seiner Werke kann man kaum glauben, dass es wirklich schon über 350 Jahre alt ist. Den «Apostel Bartholomäus» aus dem Getty-Museum in Los Angeles zum Beispiel würde man mit seinem breiten, skizzenhaften Pinselstrich sofort auf 1900 datieren. Absolut untypisch für die Barockmalerei.

Das Entscheidende aber ist: Rembrandt spricht einen heutigen Betrachter noch ganz direkt an. Beispiel: das «Lachende Selbstbildnis». Wieder ein Greis, aber diesmal ist es der gealterte Maler selbst. Mit schnellen Strichen hingeworfen, ist das Gemälde in Teilen geradezu abstrakt. Farblich beschränkt es sich auf wenige Gold- und Brauntöne. Gleichzeitig hat das Gesicht eine wirklich magische Präsenz. Wenn man genau davor steht, hat man keinen Zweifel: Der lacht mich aus! Dann steht man plötzlich in einer Beziehung zu Rembrandt - über die Jahrhunderte hinweg. Einen solchen Effekt vermittelt kein Katalog und kein Film. Dafür muss man ins Museum. 

Inside Rembrandt