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Nach Bundestagswahl
SPD, Grüne und FDP nehmen Kurs auf Ampel-Bündnis

Ampelblume
Rot, Gelb und Grün - das künftige Regierungsbündnis in Deutschland?. Foto: Peter Kneffel/dpa
Lindner
FDP-Chef Christian Lindner auf dem Weg zu einem Pressestatement. Foto: Michael Kappeler/dpa
Sondierungsgespräche zur Ampel?
Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, wollen mit der SPD und der FDP sondieren. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Zehn Tage nach der Bundestagswahl haben Grüne und FDP eine erste Richtungsentscheidung getroffen. Schon am Donnerstag sind Gespräche mit der SPD über eine Regierungsbildung geplant.

Berlin (dpa) - SPD, Grüne und FDP wollen über eine mögliche Regierungskoalition verhandeln. Nach mehreren bilateralen Gesprächen werden sie in einer ersten Dreierrunde an diesem Donnerstag Chancen für eine neue Regierung ausloten.

Die Spitzen von Grünen und FDP machten jedoch zugleich klar, dass ein Jamaika-Bündnis mit der Union für sie damit noch nicht vom Tisch ist. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet bekräftigte die Bereitschaft von CDU und CSU zu weiteren Sondierungsgesprächen. CSU-Chef Markus Söder dagegen wertete die Entscheidung von Grünen und FDP als «De-facto-Absage an Jamaika».

FDP und Grüne gaben am Mittwoch nach internen Beratungen der Parteien bekannt, dass sie zunächst gemeinsam mit der SPD über ein mögliches Bündnis sprechen wollen. FDP-Chef Christian Lindner sagte, es solle keine Parallelgespräche mit Union und Grünen geben.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zeigte sich erfreut. «Es ist jetzt an uns, das auch umzusetzen», sagte er in Berlin. Es gehe um den Fortschritt Deutschlands. In Angriff genommen werden müsse die wirtschaftliche und industrielle Modernisierung und der verstärkte Kampf gegen den Klimawandel.

Nach der Bundestagswahl vor anderthalb Wochen hatte es jeweils im Zweierformat verschiedene Gesprächsrunden zwischen SPD, Union, Grüne und FDP gegeben, um Gemeinsamkeiten und Trennendes auszuloten. Zuletzt hatten sich Union und Grüne am Dienstag getroffen.

Die SPD hatte die Bundestagswahl mit 25,7 Prozent gewonnen. Die CDU/CSU stürzte dagegen mit 24,1 Prozent auf ein Rekordtief. Die Grünen errangen mit 14,8 Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte und wurden drittstärkste Kraft. Die FDP verbesserte sich auf 11,5 Prozent.

Die Grünen-Co-Vorsitzende Annalena Baerbock ging am Mittwoch in Berlin als Erste an die Öffentlichkeit: Ihre Partei sei zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoll sei, nun vertieft mit FDP und SPD weiter zu sprechen. «Und das schlagen wir der FDP vor», sagte sie. Deutschland stehe vor großen Herausforderungen, die rasch angepackt werden müssten, deshalb seien die Grünen der Überzeugung, «dass sich dieses Land keine lange Hängepartie leisten kann».

Der Grünen-Co-Vorsitzende Robert Habeck sagte, mit SPD und FDP seien die größten inhaltlichen Schnittmengen denkbar, vor allem gesellschaftspolitisch «Denkbar heißt aber ausdrücklich, dass der Keks noch lange nicht gegessen ist.» Es gebe erhebliche offene Stellen und Differenzen. Es handle sich nicht um eine komplette Absage an ein Bündnis mit FDP und Union, sagte Habeck. Die Union habe sich wirklich bemüht und sei den Grünen entgegengekommen. Es gebe aber größere Differenzen in einem Jamaika-Bündnis «unsererseits».

FDP-Chef Lindner nahm den Vorschlag eines Dreigesprächs mit Grünen und SPD an und sagte, seine Partei trete nur in eine Regierung der Mitte ein, die den «Wert der Freiheit» stärke und einen echten Impuls für die Erneuerung des Landes leiste. Es komme auf liberale Inhalte an. Lindner betonte, mit der Union gebe es die größten inhaltlichen Überschneidungen. Ein Jamaika-Bündnis bleibe für die FDP eine tragfähige Option. Die FDP hatte nach der Wahl 2017 Verhandlungen über «Jamaika» abgebrochen.

CDU-Chef Laschet sagte in Düsseldorf, die Union respektiere, dass es jetzt Gespräche zwischen SPD, Grünen und FDP gebe. «Die Ausgangslage für eine neue Bundesregierung ist seit dem 26. September klar: Wir liegen auf Platz 2.» Laschet sagte weiter, die FDP habe signalisiert, dass es in sehr, sehr vielen Punkten Übereinstimmung gebe mit der Union. «Wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit, aber die Entscheidung, mit wem man in welcher Reihenfolge spricht, liegt bei FDP und Grünen.» Laschet war nach dem Wahldebakel innerparteilich unter Druck geraten.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Söder sprach mit Blick auf die Entscheidung von Grünen und FDP zum Dreiergespräch mit der SPD von einer «klaren Vorentscheidung». In München sagte er: «FDP und Grüne haben sich entschieden für diesen Weg der Ampel. Den müssen sie jetzt auch konsequent gehen.» Die CSU respektiere die Entscheidung. Es müsse jetzt die Realität anerkannt werden. Man müsse sich damit vertraut machen, dass es sehr wahrscheinlich eine Regierung ohne die Union geben werde. Es gehe nun auch um «Selbstachtung und Würde».

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in Berlin: «Der Zug, den Grüne und FDP heute aufs Gleis gesetzt haben, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch sein Ziel erreichen. Wir akzeptieren das.» Dobrindt sagte weiter: «Man hat einen Spalt der Tür offen gelassen, aber gleichzeitig einen sehr großen Riegel davorgeschoben.» Er bedauere dies, aber die Realitäten müssten anerkannt werden.

© dpa-infocom, dpa:211006-99-497574/10