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Corona-Pandemie
Städte: Schritte gegen Corona-Sommerwelle nötig

Coronavirus - Testlabor
Ein Mitarbeiter hält in einem Labor PCR-Teströhrchen in den Händen. Foto: Uwe Anspach
Noch ansteckendere Omikron-Sublinien breiten sich schnell aus. Auf den Intensivstationen macht sich das bisher nur in geringem Maße bemerkbar. Dennoch gibt es Sorgen - vor allem bei den Kommunen.

Berlin. Der Deutsche Städtetag ist besorgt über die steigenden Corona-Infektionszahlen und fordert rasche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

«Wir brauchen schnelle Entscheidungen und ein neues Bundesinfektionsschutzgesetz noch vor der Sommerpause», sagte Verbandspräsident Markus Lewe den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es zeige sich, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente nicht ausreichten. Die Städte müssten handeln können, wenn Corona sich weiter sprunghaft ausbreite. «Die Corona-Pandemie darf uns nicht immer wieder überraschen.»

Lauterbach spricht von Sommerwelle

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht bereits von einer Sommerwelle. Am Freitag will sich der SPD-Politiker mit dem Vizepräsidenten des Robert Koch-Instituts, Lars Schaade, in Berlin zur Lage äußern. Die jetzigen Regelungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September aus. Kostenlose Bürgertests sind vorerst bis einschließlich 29. Juni geregelt. Bis zum 30. Juni wird das Gutachten eines Sachverständigenausschusses erwartet, das die bisherigen Schutzmaßnahmen bewertet. Der Bundestag geht laut Sitzungskalender am 8. Juli in die Sommerpause und kommt dann erst in der Woche ab 5. September wieder zusammen.

Lewe, der Oberbürgermeister der Stadt Münster ist, forderte von Bund und Ländern, dass kostenlose Bürgertests verlängert werden und die kommunalen Impfzentren einsatzbereit bleiben. Zudem plädiere er, wenn nötig, für Maskenpflicht in Innenräumen, etwa im Einzelhandel. «Dasselbe gilt für 3G- oder 2G-Regeln, also den Zugang für Geimpfte, Genesene und möglicherweise auch Getestete. Hier muss das Gesetz angepasst werden.»

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fordert rasch Klarheit für das Testen. «Die Bundesregierung lässt die Länder nach wie vor im Unklaren, wie es weitergehen soll», kritisierte der CSU-Politiker in der «Augsburger Allgemeinen». «Klar ist doch: Je mehr Menschen die Möglichkeit haben, sich niedrigschwellig und kostenlos testen zu lassen - und dieses Angebot auch nutzen -, umso schneller und effizienter lassen sich Infektionen entdecken und Infektionsketten unterbrechen.»

Corona-Varianten auf dem Vormarsch

Unterdessen breiten sich Sublinien der Omikron-Variante auch in Deutschland weiter aus. Das RKI geht davon aus, dass sie bereits dominieren. «Das starke Wachstum von BA.4 und insbesondere BA.5, aber auch BA.2.12.1, lässt darauf schließen, dass diese Varianten aktuell bereits die Mehrzahl der Nachweise ausmachen», heißt es im neuen RKI-Wochenbericht. Die Daten im Bericht beziehen sich stets auf vorvergangene Woche: BA.5 machte damals demnach in einer Stichprobe rund 24 Prozent der positiven Proben aus, das entspricht erneut in etwa einer Verdopplung im Vergleich zum Vorwochenwert. BA.4 und BA.2.12.1 lagen beide bei rund vier Prozent.

Das RKI verweist zudem auf einen leichten Anstieg der Covid-19-Fälle auf Intensivstationen und rät den Menschen, wieder verstärkt Empfehlungen zum Vermeiden von Ansteckungen einzuhalten. Nach Angaben von Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), sind die Zahlen zwar so niedrig wie seit Ende August 2021 nicht mehr. «Die Zahl ist aber auch nicht so niedrig wie in den vergangenen beiden Sommern», sagte Marx der Deutschen Presse-Agentur.

Bis man mehr Klarheit über die Krankheitsschwere der Omikron-Sublinie BA.5 habe, brauche es noch einige Wochen Geduld. «Man muss abwarten, wie es sich entwickelt mit BA.5», sagte Marx. Derzeit sei die «größte Sorge», dass im Zuge der Sommerwelle mit der ansteckenderen Variante erneut viel Personal durch Infektionen ausfallen könnte.

Streeck: Keinen Grund zur Panik

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck sieht in den steigenden Infektionszahlen aber keinen Grund zur Panik. «Ich denke nicht, dass wir nochmal an einen Punkt kommen werden, wo wir wieder über einen Lockdown reden», sagte er der «Augsburger Allgemeinen». Streeck verwies auf die «sehr gute Immunität in der Bevölkerung». Der Virologe hält aber die Datenlage über die Pandemie für unzureichend, etwa darüber, ob Menschen mit oder wegen Corona im Krankenhaus seien.

Lauterbach hatte auch Älteren und Menschen mit Vorerkrankungen zu einer vierten Impfung geraten. Die Ständige Impfkommission Stiko empfiehlt den zweiten Booster bislang nur für Teile der Bevölkerung, unter anderem für Menschen ab 70 Jahren, Personal in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen sowie Menschen mit Immunschwäche. Daran hält die Kommission auch fest. Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens sagte der «Rheinischen Post» (Freitag), eine neue Stellungnahme sei «erst nach dem Sommer sinnvoll».

RKI-Wochenbericht vom 16.6.

© dpa-infocom, dpa:220617-99-694993/3