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Rüstungsindustrie
Waffenbranche will Nachhaltigkeitsstempel - Politik dagegen

Militärübung
Waffenfirmen beklagen, dass Banken immer häufiger keine Geschäfte mit ihnen machen wollten. Foto: Armin Weigel/dpa
Nachdem vor Kurzem die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig in der EU-Taxonomie für Aufsehen sorgte, will nun auch die Rüstungsbranche den Nachhaltigkeitsstempel. Die Ampel-Koalition winkt ab.

Berlin (dpa) - Die Waffenbranche findet mit der Forderung, ihre Geschäfte als nachhaltig einstufen zu lassen und dadurch am Finanzmarkt bessere Karten zu haben, keine Unterstützung in der Ampel-Koalition.

Die Rüstungsindustrie dürfte «keinesfalls durch die EU-Taxonomie als nachhaltig eingestuft werden», sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, der Deutschen Presse-Agentur.

Die sogenannte Taxonomie legt Leitplanken für Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaft fest. Unlängst sorgte die Einstufung von Atomkraft als nachhaltig in der Umwelttaxonomie für Aufsehen. Separat hierzu laufen Vorarbeiten an der Sozialtaxonomie, die in den kommenden Jahren von Brüssel beschlossen werden könnte.

Lisa Paus von den Grünen nannte es «unverstellbar, dass die Rüstungsindustrie nach den erweiterten Kriterien der EU-Kommission einen sozialen Nachhaltigkeitsstempel bekommt». Rüstungsfirmen als besonders soziale Finanzanlage anzupreisen, «würde ein solches Gütesiegel ad absurdum führen» und die Anlegerschaft verwirren.

Finanzierung für Rüstungsbranche zunehmend schwierig

Waffenfirmen und ihre Zulieferer beklagen, dass Banken immer häufiger keine Geschäfte mit ihnen machen wollten. Um die Lage der Branche zu verbessern, fordert der Branchenverband BDSV die Nachhaltigkeitseinstufung - die Rüstungsgüter seien Voraussetzung für Sicherheit und Frieden und damit ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Die Rüstungsbranche hofft darauf, dass die Bundesregierung in Brüssel auf die Einstufung dringt. Danach sieht es derzeit aber nicht aus. So heißt es vom Bundesfinanzministerium nur vage, man könne zur Finanzierungssituation der Rüstungsindustrie keine Aussage treffen. Und nicht nur in den Fraktionen der SPD und der Grünen, sondern auch in der FDP-Fraktion stößt die Branchenforderung auf Ablehnung.

EU-Taxonomie «nicht das richtige Mittel»

Zwar hat der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Reinhard Houben, Verständnis für die Sorgen der Branche. «Rüstungsfirmen, die ganz legal ihre Güter verkaufen und der deutschen Exportkontrolle unterliegen, sollten von Banken ganz normal behandelt werden wie Firmen anderer Branchen auch.» Sollten die Finanzierungsperspektiven düster bleiben, drohe die Abwanderung der Waffenproduktion ins Ausland oder der Staat müsste einspringen und verstaatlichen. Beides wäre nicht im Interesse Deutschlands, so der Liberale.

Allerdings ist auch Houben gegen eine Einstufung als nachhaltig. «Die EU-Taxonomie ist nicht das richtige Mittel, um solche Probleme zu lösen.» Es bedürfe anderer Unterstützung. «Die Politik muss ein klares Signal an die Banken senden, dass Rüstungsgeschäfte angemessen und nötig sind.» Dies müsse aber abseits der Taxonomie passieren. «Denn Rüstungsgeschäfte als nachhaltig zu deklarieren, wäre ein Etikettenschwindel und der Bevölkerung nicht vermittelbar.»

© dpa-infocom, dpa:220208-99-22439/2