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«Drohende Käferkatastrophe»: Minister warnt vor Borkenkäfern

Borkenkäfer
Ein Borkenkäfer kriecht über eine Fichte. Foto: Matthias Hiekel/Archiv Foto: dpanitf3
Hitze, Sturm, Schnee: Was die Wälder schwächt, kommt dem Borkenkäfer zugute. 2019 könnte sich die Gefahr durch den Schädling in Baden-Württembergs Wäldern daher zuspitzen.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die Gefahr durch Borkenkäfer steigt nach der extremen Dürre im Sommer des vergangenen Jahres und verschärft durch Sturm- und Schneeschäden in diesem Jahr rasant an. Nach einer Prognose des Landes könnten die Tiere 2019 einen Schaden von rund 100 Millionen Euro bei Waldbesitzern in Baden-Württemberg anrichten. Forstminister Peter Hauk (CDU) sprach am Mittwoch in Stuttgart von einer drohenden Käferkatastrophe. Aktuell hätten die Borkenkäfer die Wälder Mitteleuropas fest im Griff.

So sei etwa die fünffache Menge an Holz mit den Schädlingen befallen wie zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr - 185 000 Kubikmeter gegenüber 37 000 Kubikmetern sind betroffen. Die für die Bäume gefährlichsten Arten sind Buchdrucker und Kupferstecher, die vor allem Fichten befallen. Es zeichne sich ab, so der Minister, dass sich die schwierige Situation weiter verschärft.

Allein Sturmtief «Eberhard» sorgte Anfang März für etliche entwurzelte oder geknickten Bäume - schätzungsweise 500 000 Kubikmeter Sturmholz fielen an. Dieses ist ideal für die Brut von Borkenkäfern. Sie legen zur Vermehrung unter der Baumrinde Kammern und Gänge an. Auf das Bohren der Käfer reagieren Bäume eigentlich mit Harzfluss und können sich so gegen einzelne Angriffe gut wehren. Sind die Bäume geschwächt oder geschädigt, versagt der Schutzmechanismus jedoch. Auch anhaltende Trockenheit macht Bäume angreifbar - einem Massenanflug durch Schädlinge hält die Abwehr ohnehin nicht stand.

Im Wald schlummerten tickende Zeitbomben, warnte Hauk. Befallenes Holz müsse eigentlich rasch verkauft und aus dem Wald gefahren werden, um weitere Schäden zu verhindern. «Das gibt der angespannte Markt allerdings nicht her», sagte der Minister. Die Borkenkäfer fräßen ihnen unkontrolliert und im großen Stil die wertvollen Nadelholzbestände kaputt. «Die Waldbesitzer sind in einem Dilemma.»

Daher werde ab sofort das Hacken bruttauglichen Holzes, insbesondere bei fehlender Vermarktbarkeit, durch das Land gefördert. «Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem finanziellen Mehrbedarf in Höhe von rund zehn Millionen Euro jährlich», sagte Hauk. Das gehackte Holz soll verbrannt werden oder - «das wär die schlechtere Version» - einfach liegen bleiben und so schneller trocknen. Denn Borkenkäfer können sich nur durch frisches, feuchtes Holz bohren.

Gefördert würden präventive Maßnahmen, entstandene Schäden sollen nicht ersetzt werden. «Es geht jetzt darum, dass wir den Waldbesitzern das nötige Equipment zur Verfügung stellen, um die Schäden für die Zukunft zu minimieren», so Hauk. Der Minister rechnet im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel auf eine Verschärfung der Situation.

Der Landeschef vom Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu), Johannes Enssle, warnte, die vorhergesagte Massenvermehrung «lässt in Teilen der Forstverwaltung leider auch Stimmen lauter werden, diesen bei Waldbesitzern unbeliebten Insekten mit der Chemiekeule aus der Spritze oder vom Hubschrauber aus den Garaus zu machen.» Es gebe wirksame Alternativen, der Borkenkäfer könne auch mechanisch bekämpft werden. Landesforstpräsident Max Reger wies den Vorwurf der Chemiekeule zurück: «Da denkt niemand dran». Der Einsatz von chemischen Mitteln sei Ultima Ratio - allerdings dürfte sich dieser nach Ansicht Regers 2019 nicht ganz vermeiden lassen: «Am Ende habe ich wirklich die Güterabwägung. Nämlich habe ich weiterhin Wald oder lasse ich die Dinge laufen, mit der Folge, dass der Wald auf großen Flächen komplett verloren geht.»

Minister Hauk mahnte verantwortungsbewusste Waldbesitzer, ihre Fichtenbestände ab jetzt und bis in den September hinein laufend auf Befall zu kontrollieren. «Bei 16 Grad beginnen die Borkenkäfer bereits zu fliegen.» Mindestens ein Mal in der Woche seien Kontrollen nötig. Dort, wo Sturm und Schneebruchschäden vorhanden sind, sei besondere Vorsicht geboten. In Zweifelsfällen sei Rat beim Förster einzuholen.