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Hohe Energiepreise: Behörde nimmt Vorermittlungen auf

Drehstromzähler
Ein Drehstromzähler, aufgenommen in einem Haushalt. Foto: Uli Deck/dpa/Symbolbild
Die Großhandelspreise für Strom und Gas schießen in die Höhe. Manch ein Billiganbieter macht da nicht mehr mit, die Kunden müssen wechseln. Das kann teuer werden, denn einige Versorger bitten Neukunden besonders stark zur Kasse. Aber ist das überhaupt rechtens?
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Horrende Strom- und Gaspreise für Neukunden rufen im Südwesten Verbraucherschützer und die Landeskartellbehörde auf den Plan. Hintergrund ist, dass viele Kunden derzeit ihre Verträge verlieren und zunächst in die Ersatzversorgung aufgenommen werden müssen. «Das Schlimme an der ganzen Geschichte ist, dass die Ersatz- und Grundversorgung schweineteuer geworden ist», sagte Matthias Bauer, Energieexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, dem SWR (Freitag, online).

Noch vor Weihnachten habe Strom durchschnittlich etwa brutto 32 Cent pro Kilowattstunde gekostet. Inzwischen werden Bauer zufolge im Südwesten von einigen Grundversorgern - also denjenigen Anbietern mit den meisten Kunden in einer Region - schon Preise deutlich über einem Euro verlangt. Die Anbieter reagieren damit auch auf drastische Preissteigerungen auf den europäischen Energiehandelsplätzen.

Bei Gas sieht es nicht besser aus. Jüngsten Angaben des Vergleichsportals Check24 zufolge haben bundesweit mehr als 300 Grundversorger neue Gas-Tarife ausschließlich für Neukunden eingeführt. Deren Preise lagen um durchschnittlich 184,7 Prozent über den bisherigen Tarifen, was fast eine Verdreifachung bedeutet.

Die Verbraucherschützer bemängeln, dass manche Anbieter seit einiger Zeit zwischen Neu- und Bestandskunden unterscheiden. Dabei müssen Neukunden oft deutlich mehr zahlen. Dies sei rechtswidrig.

Die Landeskartellbehörde für Energie und Wasser Baden-Württemberg ist der Auffassung, dass die Einführung von zweiten Grund- und Ersatzversorgungstarifen für Neukunden grundsätzlich zulässig sein kann, sofern dafür eine sachliche Rechtfertigung vorliegt. «Die Rechtmäßigkeit der neu eingeführten Preise und deren Höhe hängt daher jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab», teilte die Behörde auf Nachfrage mit. Derzeit befasse man sich mit diesen Fragestellungen genauer. Im Falle eines Neukundentarifs in der Grund- und Ersatzversorgung seien zudem Vorermittlungen aufgenommen worden. Die Behörde wollte nicht angeben, um welches Unternehmen es sich handelt.

Die Verbraucherschützer wollen die Kartellwächter des Landes mit konkreten Marktverstößen konfrontieren. Den Kunden raten sie, die Firmen anzuschreiben und sich zu beschweren. Am Donnerstag hatte bereits die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mitgeteilt, dass sie drei Grundversorger wegen der Aufspaltung der Energietarife für Neu- und Bestandskunden abgemahnt habe.

Der Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Klaus Eder, hält die Kritik der Verbraucherschützer für «überhaupt nicht gerechtfertigt». In der Grundversorgung seien viele sozial schwache Kunden, die mangels Bonität kein Angebot von anderen Versorgern erhalten. Wer dagegen bei der Angebotsauswahl freiwillig auf die höchste Einsparung setze, bezahle dies mit einem höheren Risiko. «Deshalb sind die gesplitteten Grundversorgungstarife auch ein Gebot sozialer Gerechtigkeit.»

Zuletzt haben viele Verbraucher aufgrund der angespannten Lage an den Strommärkten Vertragskündigungen von ihren Versorgern erhalten - oft handelte es sich um Billiganbieter. Laut Bundesnetzagentur hatten in Deutschland bis Ende 2021 mindestens 38 Anbieter angezeigt, die Stromlieferung beenden zu wollen. Die Grundversorger sind verpflichtet, die Kunden bei Wegfall des bisherigen Lieferanten zunächst weiter mit Strom und Gas zu versorgen. Die zusätzlichen Mengen an Energie müssen die Versorger nach Angaben des Branchenverbandes BDEW kurzfristig extrem teuer einkaufen.

© dpa-infocom, dpa:220114-99-708415/3

SWR-Bericht