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Kritik an Lucha wegen Planung der Corona-Impfungen

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne)
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) spricht bei einer Pressekonferenz. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild
Seit wenigen Tagen werden die ersten Corona-Impfdosen im Land verteilt. Die Nachfrage ist groß, die Menge an Impfstoff gering. Nun hagelt es Kritik aus Opposition und Bevölkerung.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sieht sich Vorwürfen im Zusammenhang mit der Organisation der Corona-Impfungen ausgesetzt. Sowohl aus der Opposition als auch aus der Bevölkerung kommt Kritik. Lucha sei vollständig überfordert, habe zu wenig Impfstoff bestellt und bekomme die Vergabe von Impfterminen nicht in den Griff, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke am Mittwoch.

Der Gesundheitsminister verteidigte sich mit bissigen Worten. «Wer nicht am Steuer sitzt und seit Jahren keine Verantwortung trägt, kann von der Sofakante aus leicht schimpfen», sagte der Grünen-Politiker in Richtung von Rülke. «So wenig Fachkenntnis und so viel Ahnungslosigkeit hätte ich selbst bei Herrn Rülke nicht erwartet», sagte Lucha der Deutschen Presse-Agentur. Den Impfstoff bestelle nicht das Land, sondern die EU beziehungsweise der Bund. Es könnten zudem nur nur so viele Impftermine vergeben werden, wie Impfdosen vorhanden seien.

Doch auch SPD-Fraktionschef Andreas Stoch äußerte grundlegende Kritik an Lucha. Er sieht das Management der Corona-Krise gar am falschen Ort. Das Ministerium unter Lucha sei auf so eine Sondersituation überhaupt nicht vorbereitet und auch personell zu schwach aufgestellt, sagte Stoch dem «Reutlinger General-Anzeiger». Die Aufgabe hätte aus Sicht von Stoch vom Innenministerium übernommen werden müssen, weil es dort ein Lagezentrum gebe und auch die Einrichtung eines Krisenstabes leichter zu bewerkstelligen sei.

Neben der Kritik aus der Opposition mehren sich kritische Stimmen aus der Bevölkerung. Insbesondere die Anmeldung und Terminvergabe für die Corona-Impfungen ist aus Sicht von Impfberechtigten oder ihren Angehörigen verbesserungswürdig. Nach mehreren übereinstimmenden Medienberichten gibt es Beschwerden darüber, dass die Rufnummer zur telefonischen Anmeldung zum Teil über längere Zeit nicht erreichbar gewesen sein soll. Zudem sind viele Senioren mit der Anmeldung über das Online-Portal überfordert.

Vom Gesundheitsministerium heißt es dazu, es sei bekannt, dass es am Telefon zu langen Wartezeiten kommen könne. Dies liege nicht an der Hotline oder der Infrastruktur, sondern am hohen Anrufaufkommen. Allein am Montag seien mehr als 35 000 Anrufe eingegangen. Im Callcenter des Landes gebe es 500 Vollzeitstellen.

Hauptproblem bei der Vergabe der Impftermine sei der Mangel an Impfstoff. Hier gebe es «leider deutlich weniger als uns der Bund zunächst in Aussicht gestellt hatte», so ein Ministeriumssprecher. Es könnten nur so viele Termine vergeben werden, wie Impfdosen vorhanden seien. «Wir hoffen, dass sich die Situation in den nächsten Wochen mit weiteren Lieferungen des Impfstoffs etwas entspannt.»

Verschärft wird die Situation offenbar durch Menschen in Rheinland-Pfalz, die sich im Baden-Württemberg impfen lassen wollen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums melden sich viele Menschen aus dem angrenzenden Bundesland in Baden-Württemberg zum Impfen an, weil das in Rheinland-Pfalz noch nicht möglich sei. Minister Lucha wandte sich deshalb in einem Brief an seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) und forderte sie auf, die Bürger dort auf die Terminvergabe in Rheinland-Pfalz zu verweisen. «Sollte sich dauerhaft ein Ungleichgewicht etablieren, müssten wir aus meiner Sicht auch über einen Ausgleich ins Gespräch kommen», so Lucha in dem Schreiben, das der dpa vorliegt.

Auch aus Bayern hätten sich Bürger gemeldet, die sich in Baden-Württemberg impfen lassen wollten, bestätigte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Für die nächsten sechs Wochen seien die Termine im Land weitgehend vergeben.