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Mehr Kranke und Sorge um Akzeptanz: Weitere Teststationen

Corona-Testcenter am Flughafen Stuttgart
«Corona-Testzentrum» steht auf einem Schild am Stuttgarter Flughafen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild
Immer mehr Reisende bringen das Coronavirus mit aus dem Urlaub. Die Landesregierung baut deshalb Testcenter auf, um die Kontrolle über das Geschehen zu behalten. Doch die Infektionszahlen steigen. Und die Landesregierung sorgt sich um die Akzeptanz für die Auflagen.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Für Gesundheitsminister Manne Lucha gleicht der Kampf gegen das Coronavirus in diesen Tagen einem «Ritt auf der Rasierklinge». Immer mehr Menschen bringen die Corona-Krankheit aus dem Urlaub mit in ihre baden-württembergische Heimat. Die Zahl der Infektionen steigt und es muss mehr getestet werden, aber es sieht so aus, als nehme das Verständnis für die Auflagen auch im Südwesten ab. Hektisch werden nun Teststationen für die Reisenden errichtet.

Seit Donnerstagmorgen können sich Reisende am Stuttgarter Hauptbahnhof auf das Coronavirus untersuchen lassen. Von diesem Freitag an sind Tests auch an der Rastanlage Neuenburg-Ost an der A5 möglich. Beide Teststationen könnten je nach Bedarf kurzfristig ausgebaut werden, teilte das Sozialministerium mit. Möglich seien auch weitere Stationen an einzelnen Autobahnparkplätzen und Bahnhöfen. Das hänge aber davon ab, wie viele Ärzte zur Verfügung stehen. Seit dem vergangenen Samstag sind außerdem Stationen an den drei Flughäfen in Stuttgart, Friedrichshafen und am Airport Karlsruhe/Baden-Baden in Betrieb.

Das Netz der Teststationen im Land wird erweitert. Aber nach der jüngsten schweren Testpanne in Bayern warnt Minister Lucha auch davor, zu viel zu versprechen, wenn es um Tests, Ergebnisse und Vorsorge geht. Als Teil der Verantwortungsgemeinschaft seien die Menschen selbst verpflichtet, sich an die Auflagen zu halten, sagte der Grünen-Politiker.

Dabei sind die Regeln klar, betont Lucha. Wer aus einem Risikogebiet komme, müsse sich laut Verordnung unverzüglich in Quarantäne begeben, bis das Testergebnis vorliege. Alle anderen Reiserückkehrer sollten sich so verantwortungsvoll verhalten, dass sie - vor allem bei Symptomen - zu Hause bleiben, bis sie das Ergebnis des Tests erhielten, sagte Lucha. Die Behörden könnten in Stichproben kontrollieren - und ein Verstoß könne teuer werden: «Sollte die Quarantänepflicht nicht eingehalten werden, drohen Geldbußen von bis zu 25 000 Euro», sagte der Minister.

Die Gesundheitsbehörden sind besorgt, weil die Infektionszahlen wieder steigen: Die Zahl der nachweislich mit dem Coronavirus Infizierten seit Beginn der Seuche ist in Baden-Württemberg bereits auf mindestens 38 273 gestiegen. Das sind 108 mehr als am Mittwoch, wie das Gesundheitsministerium am Donnerstag mitteilte. Mehrfach haben auch zuletzt Reiserückkehrer aus der kroatischen Partyhochburg Novalja das Coronavirus in die Region Stuttgart getragen, weitere Menschen infiziert und die Fallzahlen so nach oben getrieben.

Die Lenkungsgruppe der Landesregierung hat deshalb schärfere Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie beschlossen. Wer in Bussen und Bahnen keine Maske trägt und dabei erwischt wird, muss künftig mindestens 100 Euro Bußgeld zahlen. Zuvor lag die Untergrenze bei 25 Euro. Die Obergrenze für Maskenverweigerer bleibt bei 250 Euro.

Grund für die Verschärfung sei die «zunehmende und bisweilen mutwillige Disziplinlosigkeit beim Befolgen der Maskenpflicht im ÖPNV», teilte das Staatsministerium mit. Deshalb zieht auch die Polizei die Zügel an und kontrolliert seit Donnerstag an wechselnden Schwerpunkten im Land, zunächst in den Kreisen Ostalb, Rems-Murr und Schwäbisch Hall. Mit zunehmender Dauer der Maskenpflicht nehme die Akzeptanz ab, begründete Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Aktion.

Die Einrichtung der neuen Teststationen im Land war nötig, weil sich Urlauber aus Corona-Risikogebieten - zur Zeit etwa Serbien, Luxemburg oder die USA - seit Samstag bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen müssen. Mehrere Tausend Reiserückkehrer wurden bereits in den ersten Tagen untersucht. Reisende, die nicht aus einem Risikogebiet zurückkehren, können sich kostenlos ebenfalls testen lassen.

Allerdings müssen sie sich in Geduld üben, bis ein Ergebnis des Tests vorliegt: «Ziel ist es natürlich immer, die Betroffenen so schnell wie möglich zu informieren», sagte Eva Frien von der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Möglichst solle dies innerhalb von 48 Stunden geschehen. «Doch dies können wir nicht immer garantieren», sagte Frien. Die KV ist für das Testkonzept an den Flughäfen zuständig. Nach Angaben Luchas kann es wegen der hohen Inanspruchnahme der Testkapazitäten derzeit sogar bis zu vier Tage dauern, bis ein Ergebnis vorliegt.

Für Aufsehen sorgte am Donnerstag auch eine schwere Testpanne in Bayern. Die Staatsregierung hatte eingestehen müssen, dass die Verzögerungen bei der Übermittlung von Corona-Testergebnissen an bayerischen Autobahnen deutlich dramatischere Ausmaße haben als bisher bekannt. Das Gesetz zur Testpflicht für Reiserückkehrer sei mit heißer Nadel gestrickt, sagte Lucha dazu. «Es ist unmöglich, von heute auf morgen Testzentren aus dem Boden zu stampfen, hier müssen wir einfach mit Augenmaß vorgehen und uns nicht treiben lassen», forderte der Gesundheitsminister. «Wir dürfen keine Versprechen ins Schaufenster stellen, die wir nicht einhalten können.»