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Landesbischof
Ulmer Dekan Gohl Kandidat bei Bischofswahl

Ernst-Wilhelm Gohl
Ernst-Wilhelm Gohl, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Ulm, steht im Münster von Ulm. Foto: Sebastian Gollnow
Die württembergische Landeskirche bekommt einen neuen Landesbischof. Lange hatten die Synodalen mit sich gerungen, bis sie sich auf einen Kompromisskandidaten einigen konnten. Dessen Wahl gilt nun als sehr wahrscheinlich.

Stuttgart. Nach langen Beratungen haben sich die Vertreter der württembergischen Landeskirche zu einem Kompromisskandidaten für die Wahl zum neuen Landesbischof durchgerungen. Als einziger Bewerber soll am Samstag (8.45 Uhr) der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl zur Abstimmung in der Landessynode stehen. Er war bereits am Donnerstag gemeinsam mit zwei weiteren Kandidierenden zur Wahl angetreten. Der 58-Jährige war aber ebenso wie die anderen beiden wiederholt an der geforderten Mehrheit gescheitert.

Gohl war am Freitagabend vom Nominierungsausschuss der Synode benannt worden. In ihm sind alle fraktionsähnlichen Gesprächskreise vertreten, die für die verschiedenen kirchlichen Interessengruppen stehen. Bereits vor der Synode galt Gohl als möglicher Kompromisskandidat. Denn der Ausschuss kann bei einem Scheitern aller Kandidaten in einem neuen Wahlvorschlag bereits zuvor Kandidierende ebenso aufnehmen wie einen noch nicht zuvor genannten Kompromisskandidaten. Die Abstimmung am Samstag ist der insgesamt fünfte Wahlgang für die 86 Synodalen.

Gohl gehört als Kandidat dem Gesprächskreis «Evangelium und Kirche» an. Er ist seit 2006 Dekan des Kirchenbezirks Ulm und gleichzeitig Seelsorger am Ulmer Münster. Der ausgebildete Rettungssanitäter hat Theologie in Tübingen, Bern und Rom studiert. Nach dem Vikariat blieb Gohl im Pfarramt in Böblingen, es folgte bis 2006 eine Pfarrstelle an der Stadtkirche Plochingen. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern ist seit 15 Jahren Mitglied der württembergischen Landessynode als direkt gewählter Theologe des Wahlkreises Blaubeuren-Ulm.

In seiner Bewerbungsrede vor der Synode hatte sich Gohl am Donnerstag vor allem für eine selbstkritische und mutigere Kirche stark gemacht, die auch bereit sein müsse, Fehler zu machen. «Der Kirche bläst grad gewaltig der Wind ins Gesicht», hatte er gesagt. Die Zeit, in der es zum guten Ton gehört habe, Mitglied der Kirche zu sein, sei vorbei. Es gehe vor allem darum, Vertrauen zurückzugewinnen. Ein Gradmesser sei unter anderem, wie die Kirche mit dem Thema Missbrauch umgehe. «Die Aufarbeitung und die Prävention haben für mich oberste Priorität», versprach Gohl. Sein Gesprächskreis setzt sich zudem für Offenheit in der Kirche und unter anderem für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ein.

Landesbischof Frank Ofried July erreicht im Juli die Altersgrenze von 68 Jahren und tritt in den Ruhestand. Er war 2005 bereits im ersten Wahlgang ins Amt gewählt worden. Der künftige Amtsinhaber wird für eine Amtszeit von zehn Jahren bestimmt und am 24. Juli in Stuttgart ins Amt eingeführt. Er wird Oberhirte für rund 1,9 Millionen Protestanten in Württemberg.

Sein Nachfolger wird vor allem Vertrauen gewinnen müssen. Denn im vergangenen Jahr haben 25 529 evangelische Christen der Kirche den Rücken gekehrt. Bei Julys Amtsantritt zählte die Landeskirche in Württemberg als eine der größten protestantischen Kirchen in Deutschland noch 2,4 Millionen Mitglieder. Weniger Mitglieder bedeuten aber auch weniger Einnahmen aus der Kirchensteuer.

Evangelische Landeskirche

Video zum Wahlablauf in der Synode

Lebenslauf Ernst-Wilhelm Gohl

© dpa-infocom, dpa:220319-99-585509/2