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Walter-Borjans zieht für NRW-SPD ins Rennen

Norbert Walter-Borjans
Norbert Walter-Borjans (SPD). Foto: Federico Gambarini/Archivbild
Die NRW-SPD hat kurz vor Ende der Bewerbungsfrist einen starken Kandidaten für den SPD-Bundesvorsitz aus dem Hut gezaubert. Ex-Finanzminister Walter-Borjans gilt als «Robin Hood der Steuerzahler». Bei der Basis ist er beliebt.
Dortmund.

Dortmund/Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit dem einstimmigen Votum des mitgliederstärksten SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen zieht der ehemalige Finanzminister Norbert Walter-Borjans in das Rennen um den SPD-Bundesvorsitz. Der fast 40-köpfige Landesvorstand nominierte am Freitagabend in Dortmund Walter-Borjans und dessen Tandempartnerin, die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken aus Baden-Württemberg, als Kandidaten für die Nachfolge von Andrea Nahles. Die Bewerbungsfrist endet am Sonntag.

«Das ist ein Team, von dem wir sagen: Es kann die Partei führen», sagte NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann. «Jetzt schlägt die Stunde der Basis.» Mit Ex-Landesfamilienministerin Christina Kampmann und dem Kölner Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach gibt es weitere zwei Kandidaten aus NRW, die sich jeweils im Team bewerben.

Eine formelle Wahlempfehlung sprach der Landesvorstand zwar nicht aus, aber die Parteispitze machte ihre Präferenz für Walter-Borjans deutlich. «Alle Kandidaten haben Unterstützung bekommen», sagte SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty. Mit Walter-Borjans und Esken habe man aber «zwei hervorragende Kandidaten».

Die drei NRW-Kandidaten wurden der Reihe nach am Abend in die Vorstandssitzung zitiert. Lauterbach kam mit seiner Tandempartnerin Nina Scheer (Schleswig-Holstein) und Walter-Borjans zusammen mit Esken. Nur Kampmann stellte sich ohne ihren Teampartner, Europa-Staatsminister Michael Roth vor. Lauterbach kritisierte das Nominierungsverfahren. «Ein basisdemokratisches Verfahren bedeutet nicht, dass es Spezialkandidaten des Landesvorstands gibt.» Kampmann sagte, die Zeiten, in denen die Basis den Entscheidungen des Landesvorstandes folge, «sind vorbei».

Der 66-jährige Walter-Borjans hatte sich bundesweit einen Namen durch seinen Kampf gegen Steuerflucht ins Ausland und den Ankauf von Steuer-CDs gemacht, die dem Fiskus mehrere Milliarden Euro einspielten. «Mich hat zur Kandidatur bewogen, dass mich der Zustand der SPD bedrückt», sagte er. «Die Menschen nehmen uns die Sozialdemokratie zurzeit nicht mehr ab.»

Esken sagte: «Die SPD hat sich ein Stück weit von ihrem Markenkern entfernt.» Beide übten scharfe Kritik an der großen Koalition. «Wir sind uns einig, dass die GroKo keine Grundlage dafür ist, dass die Menschen das Vertrauen in sozialdemokratische Politik zurückgewinnen», sagte Walter-Borjans. Mit der Union könne die SPD die Verteilungsfrage des Reichtums in der Bundesrepublik nicht lösen.

Lauterbach sprach sich deutlich für einen vorzeitigen Ausstieg der SPD aus der Groko aus. Das werde er mit Nina Scheer den Mitgliedern empfehlen, die letztlich über das mögliche Aus abstimmen müssten.

Als wahrscheinlich galt in der Bundes-SPD zuletzt, dass acht Kandidatenduos für die Nachfolge von Andrea Nahles antreten. Unter ihnen sind Vizekanzler Olaf Scholz und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. Alle Kandidaten stellen sich in 23 Regionalkonferenzen ab Mitte kommender Woche der Basis vor. Ab Mitte Oktober sollen die SPD-Mitglieder über die künftige Spitze abstimmen. Formell abgeschlossen wird das Wahlverfahren im Dezember mit einem Parteitag in Berlin.

Kurz vor dem Ende der Bewerbungsfrist sorgte der Satiriker Jan Böhmermann mit seiner Ankündigung einer Kandidatur noch für Aufregung. Böhmermann ist bislang kein Parteimitglied. Hartmann antwortete auf die Frage, ob Böhmermann Chancen habe, an dem Auswahlverfahren der SPD noch teilnehmen zu können, mit einem entschiedenen «Nein». Er lud Böhmermann aber ein, der SPD beizutreten und sich noch an der Abstimmung über den künftigen Bundesvorsitz zu beteiligen.

Unterstützung aus dem Bezirk seines Kölner Wohnorts Köln-Ehrenfeld bekam Böhmermann auch nicht. «Bei uns wird er es nicht schaffen», sagte Lauterbach. «Ich höre massiven Widerstand.»

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