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Justizministerin
Gentges lenkt im Streit um Richterposten ein

Marion Gentges
Marion Gentges (CDU), Justizministerin von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Bernd Weißbrod
Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) akzeptiert im Rechtsstreit mit der Richterschaft um die Besetzung des Spitzenpostens am Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) ihre Schlappe. Das Justizministerium legt keine Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart ein, wie das Justizministerium am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. Gentges wollte nicht hinnehmen, dass der Präsidialrat ihre Kandidatin für den Chefsessel abgelehnt und einen eigenen Vorschlag gemacht hatte. Ihre Klage dagegen war Mitte November gescheitert. Zunächst hatte der Südwestrundfunk darüber berichtet.

Stuttgart. Das Gericht hatte nicht in der Sache entschieden. Die Klage war für unzulässig erklärt worden. Gentges sagte: «Möglicherweise würde auch die nächste Instanz nicht in der Sache entscheiden, sondern ausschließlich auch über Verfahrensfragen.» Damit hätte man immer noch keine Rechtsklarheit, müsste aber eine längere Vakanz am Oberlandesgericht in Kauf nehmen. «Es ist deshalb für mich jetzt die richtige Entscheidung, kein Rechtsmittel einzulegen.»

In dem Personalbesetzungsverfahren werde nun der Richterwahlausschuss einberufen, teilte die Sprecherin von Gentges weiter mit. Der Richterwahlausschuss besteht aus 15 Mitgliedern, 7 Richtern, 6 Abgeordneten und einem Rechtsanwalt. Die Ministerin gehört auch dazu, hat aber kein Stimmrecht. Ein Kandidat braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Der Vorgang rund um die OLG-Kandidatur und die Nachfolge von Cornelia Horz hat Seltenheitswert in der jüngeren Justizgeschichte. Die bisherige OLG-Präsidentin ist seit Mai im Ruhestand. Gentges hatte für den Posten Beate Linkenheil, Abteilungsleiterin im Ministerium, vorgeschlagen. Der Präsidialrat sprach sich für Andreas Singer aus, den Präsidenten des Stuttgarter Landgerichts. Das FDP-Mitglied war Sprecher des ehemaligen Justizministers Ulrich Goll (FDP).

Auch der Deutsche Richterbund im Südwesten hatte kritisiert, Gentges habe den jahrzehntelangen Konsens über die Aufgaben und Befugnisse des Präsidialrats aufgekündigt.

SPD-Rechtspolitiker Boris Weirauch sagte: «Es ist gut, dass die Justizministerin endlich zur Einsicht gelangt ist, dass sie ihren monatelangen Frontalangriff auf die Justiz einstellen muss.» Sein FDP-Kollege Nico Weinmann erklärte, er begrüße das Einlenken der Ministerin und die Einberufung des Richterwahlausschusses ausdrücklich. «Dies verhindert eine weitere Eskalation und stellt einen wichtigen ersten Schritt dar, die von der Ministerin einseitig aufgerissenen Gräben wieder zu schließen.»

© dpa-infocom, dpa:230202-99-453154/3