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Frankreich-Rundfahrt
Bernal erobert Tour-Thron, Buchmann glücklicher Vierter

Tour de France
Bleibt Bernal auf dem Weg nach Paris sturzfrei, gewinnt er als erster Kolumbianer die Tour de France. Foto: Christophe Ena/AP
Emanuel Buchmann
Ein Top-10-Platz sollte es werden, mit Platz vier hat Emanuel Buchmann (r) alle Erwartungen übertroffen. Foto: Yorick Jansens/BELGA
Beim großen Tour-Finale nach Val Thorens zeigt Emanuel Buchmann noch einmal seine Klasse. Im Gelben Trikot nach Paris hingegen fährt ein Kolumbianer: Egan Bernal lässt sich im finalen Berg-Sprint nicht mehr abhängen.

Val Thorens (dpa) - Nach der 33 Kilometer langen finalen Alpen-Kraxelei herzte Emanuel Buchmann komplett erleichtert seine Freundin, der neue Tour-de-France-König Egan Bernal feierte schon auf dem Zielstrich mit Vorjahressieger Geraint Thomas.

Zum Ende von drei furiosen Radsport-Wochen sprang der 26 Jahre alte Buchmann in Val Thorens noch auf Gesamtplatz vier, zum Podium fehlen nach 80 gefahrenen Stunden nur 25 Sekunden. «Der vierte Platz war eine Traumvorstellung. Das ist richtig geil», sagte der strahlende Ravensburger im Zielbereich. Nach dem vollendeten Berg-Finish war eine riesige Last vom erschöpften Buchmann abgefallen.

Der designierte Tour-Sieger Bernal vom Team Ineos, sein Teamkollege Thomas und der Niederländer Steven Kruijswijk waren auch auf der 20. Etappe am Samstag für Buchmann nicht mehr zu knacken. «Im Moment ist keine Enttäuschung dabei. Mehr war nicht drin. Bernal, Thomas und Kruijswijk waren zu stark. Da muss man zufrieden sein, wenn andere stärker sind», erklärte Buchmann. Vor allem der 22 Jahre junge Bernal, der am Sonntag in Paris als erster Südamerikaner und als jüngster Fahrer seit dem Zweiten Weltkrieg die Tour gewinnen wird.

«Ich bin sehr stolz darauf, das als erster Kolumbianer zu schaffen. Wir verdienen es, die Tour zu gewinnen. Das hat uns noch gefehlt. Ich kann es kaum erwarten, das Trikot nach Kolumbien zu bringen», sagte Bernal. Staatspräsident Iván Duque twitterte daheim: «Das erfüllt uns Kolumbianer alle mit Stolz und Freude.» Bernal konnte seinen Triumph noch gar nicht fassen: «Alles ist so schnell gekommen, ich kann das gar nicht realisieren.»

Ähnlich fühlte sich Buchmann. Auch ohne einen Top-3-Rang in Paris sorgt Bora-hansgrohe-Profi Buchmann für die beste deutsche Tour-Platzierung seit 2006, als Andreas Klöden Zweiter wurde. Er habe es noch einmal versucht, erläuterte Buchmann, doch nach über 3300 Kilometern hatte er nicht mehr die Beine für eine finale Attacke auf das Podium. Die Etappe beim stark verkürzten Bergsprint-XXL von Albertville nach Val Thorens sicherte sich der Italiener Vincenzo Nibali, der eine Ausreißattacke vor Alejandro Valverde und Mikel Landa ins Ziel brachte. Buchmann wurde im Tagesklassement Siebter.

Für Bernal wird der Sonntag die Krönung seiner noch jungen Karriere. Der 22-Jährige nutzte die verletzungsbedingte Abwesenheit seines schwer gestürzten Kapitäns Chris Froome herausragend und wird am Sonntag (18.10 Uhr/One und Eurosport) auf dem Weg nach Paris zu den Champs-Élysées traditionell nicht mehr angegriffen. «Dass ich das Gelbe Trikot tragen darf, ist unglaublich», sagte Bernal. Souverän regelte das Team Ineos am Samstag das Finale: Bernal und Thomas fuhren den Favoriten auf dem letzten Kilometer davon und beglückwünschten sich auf der Ziellinie. Das erinnerte an die triumphalen vergangenen Jahre.

Einen Tag nach starken Regen- und Hagelschauern sowie einer Schlammlawine auf der Abfahrt vom Col de l'Iseran hatte das Wetter die Alpen-Kletterei auch am Samstag fest im Griff. Im Zielort Val Thorens, der höchstgelegenen Skistation Europas, fing es um 12 Uhr an, in Strömen zu regnen, was sich in den Stunden danach auch nicht änderte. Erst nach dem Etappenstart um 14.30 Uhr wurde es besser, die Fahrer kamen trocken ins Ziel.

Schon am Vorabend hatten die Veranstalter mitgeteilt, dass die Etappe von 130 auf 60 Kilometer verkürzt wird. Start und Zielort blieben zwar gleich, der Cormet de Roselend erwies sich nach Erdrutschen am Freitagabend aber als unbefahrbar.

Taktiererei gab es bei der letzten Chance vor Paris so noch weniger, schließlich machte der 33,4 Kilometer lange Anstieg mehr als die Hälfte der kompletten Distanz bei der 20. Etappe aus. Jumbo-Visma machte schon zu Beginn Tempo für Kruijswijk, das zahlte sich gegen die starke Ineos-Equipe, die bis zum letzten Kilometer einen Helfer bei Bernal und Thomas hatte, allerdings nicht aus.

Verfolger Buchmann hatte die Bergankunft in Val Thorens schon die ganze Woche als «Showdown» bezeichnet. «Ich fühle mich für die dritte Woche noch echt gut, so habe ich mich bei einer dritten Woche noch nie gefühlt», erklärte der Deutsche, der sich in drei Wochen Tour de France nicht eine Schwäche leistete. In den Vogesen glänzte er an der Rampe zur Planche des Belles Filles, in den Pyrenäen griff er am Tourmalet sogar an, und auch in den Alpen steuerte er mit großer Lockerheit einer verdienten Top-5-Platzierung entgegen.

Die französischen Träume vom ersten Tour-Sieg seit Bernard Hinault 1985 platzten hingegen in den Alpen. Nach dem verletzungsbedingten Ausstieg von Thibaut Pinot nach einem Muskelfaserriss konnte auch Alaphilippe als Liebling der Grande Nation im Finale nichts mehr zusetzen. In der Höchstleistungskletterei verspielte der 27-Jährige nach 14 Tagen im Gelben Trikot auch noch das Gesamtpodest in Paris, auf dem nun Bernal, Vorjahressieger Thomas und Kruijswijk stehen werden. Alaphilippe beendet die Tour hinter Buchmann auf Rang fünf.

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