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Neue Ministerpräsidentin
Dänemark bekommt sozialdemokratische Minderheitsregierung

Mette Frederiksen
Mette Frederiksen ist neue Ministerpräsidentin von Dänemark. Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix/AP
Beim nördlichen Nachbarn hat künftig wieder eine Sozialdemokratin das Sagen. Mette Frederiksen kann nach zähen Gesprächen eine Einigung mit dem linksgerichteten Lager präsentieren. Ihre Bündnispartner versprechen Unterstützung - in der Regierung sitzen sie aber nicht.

Kopenhagen (dpa) - Dänemark bekommt eine neue und ausschließlich aus Sozialdemokraten bestehende Minderheitsregierung. Die sozialdemokratische Parteichefin und künftige Ministerpräsidentin Mette Frederiksen einigte sich mit den weiteren Parteien des linksgerichteten Lagers auf eine Zusammenarbeit.

Die 41-Jährige wird damit Nachfolgerin des liberalen Regierungschefs Lars Løkke Rasmussen, der die Pläne umgehend kritisierte. Frederiksen wollte Königin Margrethe II. noch am Mittwoch über die Einigung in Kenntnis setzen.

An der Seite der anderen beteiligten Parteichefs sagte Frederiksen, dass man sich nach fast dreiwöchigen Verhandlungen über die Politik der kommenden Jahre einig geworden sei. Zugrunde liegen soll dieser Arbeit ein 18-seitiges Dokument mit dem Namen «Gerechte Richtung für Dänemark», das Frederiksen als eine «politische Verständigung» bezeichnete. Diesem Dokument fühle sie sich «sehr verpflichtet».

Zu den Vereinbarungen zählt unter anderem, dass Dänemark im Kampf gegen die Klimakrise eine Führungsrolle einnehmen und seine Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 70 Prozent senken will. Die Reduzierung um diesen Prozentsatz sei ein äußerst ambitioniertes Ziel, heißt es in dem Dokument. Mit ihrer Kinder- und Bildungspolitik wolle man Dänemark außerdem «zum weltbesten Land machen, um dort Kind zu sein», schrieben die Parteispitzen fest.

Deutschlands nördlicher EU-Nachbar erhält damit zum zweiten Mal nach Helle Thorning-Schmidt eine Frau als Regierungschefin. Frederiksen ist mit ihren 41 Jahren jünger als jeder dänische Ministerpräsident vor ihr. Auch europaweit - sie ist nur einen Monat älter als Frankreichs Emmanuel Macron - zählt sie künftig zu den jüngsten Staats- und Regierungschefs.

Frederiksen will mit einer rein sozialdemokratischen Minderheitsregierung regieren, die von den weiteren Parteien des sogenannten roten Blocks unterstützt wird. Minderheitsregierungen, die auf die Unterstützung anderer Parteien setzen, sind nichts Ungewöhnliches in Dänemark, auch Løkke regierte mit solch einer Konstellation in den vergangenen Jahren.

Für Frederiksen bedeutet dieses Konstrukt, dass sie wie gewünscht bei den meisten Themen mit dem roten Block zusammenarbeiten kann, beim Finden von Mehrheiten aber mehr Freiräume hat. Bei der Migration, bei der sie eine strikte Linie vertritt, könnte sie so auch auf Stimmen aus dem bürgerlich-liberalen Block um Løkke setzen.

Aus Richtung des rivalisierenden Lagers wurde die Vereinbarung des roten Blocks teils scharf kritisiert. Løkke störte sich vor allem an der aus seiner Sicht unklaren Finanzierung der Pläne. «Viel Glück mit der Vereinbarung. Aber 20-tägige Verhandlungen für einen rot-grünen Wunschzettel? Haben die nicht vergessen, darüber zu sprechen, wie die Rechnung bezahlt werden soll ...», fragte der Liberale auf Twitter.

Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die die Løkke-Regierung mit ihren Stimmen unterstützt hatte, warf Frederiksen ebenso Wortbruch bei ihren Wahlversprechen vor wie die bisherige Einwanderungsministerin Inger Støjberg. Es bestehe kein Zweifel daran, dass nun mehr Ausländer nach Dänemark kommen könnten, sagte die ranghohe Rechtspopulistin Pia Kjærsgaard. Støjberg sagte, die Sozialdemokraten hätten zwar eine strikte Migrationslinie versprochen, man könne ihnen dabei aber nicht vertrauen.

Die bislang oppositionellen Sozialdemokraten waren bei der dänischen Parlamentswahl am 5. Juni stärkste Kraft geworden, der rote Block hatte insgesamt eine Mehrheit erreicht. Seitdem hatte Frederiksen mit der Sozialistischen Volkspartei (SF), der Einheitsliste und der sozialliberalen Radikale Venstre (RV) über eine mögliche Zusammenarbeit verhandelt.