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Eltern sind irritiert
Debatte um geschwärzte Kita-Fotos entbrannt

Auf dem Spielplatz, an St. Martin. Strahlende Kindergesichter. Eigentlich. Nur lässt sich auf den geschwärzten Fotos eines Dormagener Kindergartens kaum etwas erkennen. Die Kita hat Angst vor dem Datenschutz. Und die Debatte zeigt: vieles ist noch ungeklärt.

Dormagen (dpa) - Bunt sind sie und mit Liebe gemacht, prall gefüllte Alben mit Fotos aus der Kindergartenzeit. Eigentlich. In einem Dormagener Kindergarten wollte man zwar auf diese beliebten Erinnerungskladden nicht verzichten.

Andererseits hatten die Kindergärtnerinnen auch Angst, gegen die neuen und strengeren Datenschutzregeln zu verstoßen. Deshalb zückten sie den Edding - und schwärzten die meisten Kindergesichter auf den Fotos. Nicht nur die Eltern sind irritiert, auch einige Datenschützer schütteln den Kopf. Wirklich falsch hat der kirchliche Betreiber der Kita allerdings nicht gehandelt, wie es scheint.

Die «Neuß-Grevenbroicher Zeitung» (NGZ) hatte berichtet, viele Eltern hätten sich über die geschwärzten Gesichter der spielenden Kindern geärgert und beschwert. Lediglich das jeweils eigene Kind sei auf den Fotos zu erkennen. Grund sei die neue Datenschutzgrundverordnung, zitiert die «NGZ» den Pfarrer der Gemeinde St. Michael Dormagen-Süd, zu der die Kita gehört. Man habe «den sicheren Weg» gewählt, um Klagen vorzubeugen.

«Es ist juristisch ein hochsensibles Thema», sagte die Leiterin der katholischen Kita dem «Kölner Stadt-Anzeiger». «Ich habe nur die Weisung des Trägers befolgt.» Die kirchlichen Betreiber standen nicht für Fragen zur Verfügung, erst am Freitag will der zuständige Gemeinde-Pfarrer weiter Rede und Antwort stehen.

Nicht nur die Eltern sind irritiert über die absurd aussehenden Erinnerungsalben der Sechsjährigen. «Das Vorgehen der Kindertagesstätte in Dormagen ist merkwürdig», sagt der Vorsitzende der Konferenz der Diözesan-Datenschutzbeauftragten, Andreas Mündelein. Es wäre eigentlich einfach gewesen, den Wirbel zu umgehen: «Die Einrichtung hätte sich vorab von den Eltern eine Einwilligungsbescheinigung geben lassen können, um die Bilder für das Jahrbuch zu nutzen.» Er empfahl verunsicherten Einrichtungen wie dem Dormagener Kindergarten bei allen Zweifeln, auf Datenschutzexperten zuzugehen.

Solche Einwilligungen lassen Kindergärten normalerweise im Vorfeld unterzeichnen. Eltern willigen damit beim Abschluss des Vertrags schriftlich ein, dass ihr Kind fotografiert werden darf. Bei der Dormagener Kita war das anders: Dort sei die Einwilligung «eher eine Art Generalvollmacht, die dem erhöhten Schutzniveau des Datenschutzrechts nicht gerecht wird», sagt Stephanie Melzow vom Katholischen Datenschutzzentrum (KdöR) dem «Stadt-Anzeiger».

Und genau diese EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist das Problem: Erinnerungsbücher seien zwar nach wie vor möglich, erklärt die NRW-Landesdatenschutzbeauftragte Helga Block der Deutschen Presse-Agentur. «Sie bedürfen jedoch vor Veröffentlichung grundsätzlich einer Einwilligung der Eltern.» Und wenn auf einem Foto mehrere Kinder abgebildet seien, so müssten eben auch alle einwilligen. «Werden Gesichter in Erinnerungsbüchern geschwärzt, erfolgt dies nicht aufgrund eines Verbots der Datenschutz-Grundverordnung, sondern aufgrund der fehlenden Einwilligungen der Erziehungsberechtigten», betont Block. Deshalb sei es wichtig, das Gespräch mit Eltern zu suchen. «Nur wenn die Betroffenen hinreichend konkret informiert sind, können sie wirksam in die Veröffentlichung einwilligen.»

Während in den sozialen Medien gerätselt wird, ob die Betreiber der Kita noch ganz bei Trost sind, wirbt der Verband Bildung und Erziehung um Verständnis für die Kindergärtnerinnen: «Ich kann nachvollziehen, dass sie bei den komplizierten Datenschutzvorgaben verunsichert sind und auf Nummer sicher gehen wollen», sagt der Bundesvorsitzende der Lehrergewerkschaft VBE, Udo Beckmann. Auch Schulen seien irritiert über die DSGVO, mit der Bürger seit Ende Mai mehr Mitsprache erhalten, was mit ihren Daten in Unternehmen, Vereinen oder Behörden passiert. «Es wird da eine gewisse Zeit und die eine oder andere Gerichtsentscheidung brauchen, um sich zu orientieren.»