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US-Politik
Ex-Vize Pence geht in die Offensive: «Trump hat Unrecht»

Mike Pence
Der ehemalige US-Vizepräsident Mike Pence spricht auf der Jahrestagung der Federalist Society in Florida. Foto: Stephen M. Dowell/Orlando Sentinel/AP/dpa
Eigentlich galt Mike Pence als treuer Diener Trumps. Spätestens aber nach der Kapitol-Attacke begann das Verhältnis zu bröckeln. Nun wird der ehemalige Vize-Präsident überraschend deutlich.

Washington (dpa) - Der ehemalige US-Vizepräsident Mike Pence hat Ex-Präsident Donald Trump erstmals öffentlich attackiert und ihm direkt widersprochen.

«Ich habe diese Woche gehört, dass Präsident Trump gesagt hat, ich hätte das Recht, die Wahl zu kippen. Präsident Trump hat Unrecht, ich hatte kein Recht, die Wahl zu kippen», sagte Pence bei einem Auftritt im US-Bundesstaat Florida. Die Vorstellung, dass eine Person den Präsidenten der USA wählen könne, sei «unamerikanisch». Der bibeltreue Republikaner galt Trump vier Jahre lang als treuer Vize - hatte sich aber nach der Kapitol-Attacke von Trump distanziert. Ihm werden schon länger Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur nachgesagt.

Trump wollte Bidens Wahlsieg kippen

Pence bezog sich mit seinen Äußerungen auf die formelle Bestätigung des Wahlergebnisses der Präsidentschaftswahl im Kongress am 6. Januar 2021 - dem Tag der Kapitol-Attacke. «Nach der Verfassung hatte ich kein Recht, das Ergebnis unserer Wahl zu ändern», sagte Pence nun am Freitag bei einer Veranstaltung der Federalist Society, einer Vereinigung sehr konservativer Juristen. So wie er damals werde auch die aktuelle Vize-Präsidentin Kamala Harris kein Recht haben, das Wahlergebnis zu kippen. Dann würden nämlich die Republikaner die Demokraten bei der Präsidentschaftswahl 2024 schlagen.

Pence hatte sich damals geweigert, Trumps Druck nachzugeben und die Zertifizierung der Ergebnisse der Wahl vom 3. November im Kongress zu verhindern. Trump wollte so Joe Bidens Wahlsieg in letzter Minute noch kippen. Pence hatte bereits damals erklärt, dass ihm sein Eid zum Schutz der Verfassung das nicht erlaubte. Trump ist seinen ehemaligen Stellvertreter deswegen mehrfach öffentlich angegangen. Vizepräsidenten spielen bei der offiziellen Bestätigung des Wahlergebnisses im Kongress nur eine zeremonielle Rolle.

Erstaunlich deutliche Worte

Die Worte des 62-Jährigen gelten eigentlich als Selbstverständlichkeit - sind aber in dieser Deutlichkeit doch beachtlich. Trump holte direkt zum Gegenangriff aus. Pence habe sich zu einer Art automatischem Fließband gemacht, um Biden so schnell wie möglich zum Präsidenten zu machen, ließ Trump über seine Sprecherin Liz Harrington mitteilen. «Nun, die Position des Vizepräsidenten ist kein automatisches Fließband, wenn es offensichtliche Anzeichen für Wahlbetrug oder Unregelmäßigkeiten gibt.» Trump weigert sich bis heute, seine Wahlniederlage anzuerkennen. Er behauptet, durch Betrug um den Sieg gebracht worden zu sein. Beweise hat er nicht. Dutzende Klagen scheiterten vor Gericht.

Anhänger Trumps hatten am 6. Januar schließlich den Kongresssitz in Washington erstürmt, um die Zertifizierung von Bidens Wahlsieg zu sabotieren. Trumps hatte seine Unterstützer vorher mit seinen Betrugsbehauptungen aufgewiegelt. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben. Anders als Trump waren Pence und seine Ehefrau Karen schließlich als Gäste bei Bidens Vereidigung am 20. Januar 2021. Der Mann mit dem stets akkurat getrimmten Silberhaar hatte mit Blick auf Trump und den 6. Januar in der Vergangenheit gesagt, er wisse nicht, «ob wir jemals einer Meinung sein werden mit Blick auf den Tag». Die öffentliche Konfrontation hatte er aber gemieden und Trump auch später noch gelobt.

Bahnt sich ein parteiinterner Wettstreit an?

In Washington wird schon länger vermutet, dass Pence womöglich selbst Ambitionen haben könnte, bei der Präsidentschaftswahl 2024 als Bewerber der Republikaner anzutreten. Sollte Trump ebenfalls seine Kandidatur erklären, würden die beiden als Konkurrenten im parteiinternen Wettstreit gegenander antreten. Trump ist in der Partei immer noch extrem mächtig. Wer sich gegen ihn ausspricht, bezahlt dies in der Regel mit seiner Karriere. Jüngstes Beispiel sind die republikanischen Abgeordneten Liz Cheney und Adam Kinzinger. Wegen ihrer Mitarbeit im Untersuchungsausschuss zum Kapitol-Angriff hat die republikanische Partei die beiden erst am Freitag formell gerügt.

© dpa-infocom, dpa:220205-99-983364/3