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Infektion mit Coronavirus
Krankheitsverlauf bei Trump womöglich schwerer als bekannt

Marine One
Die Marine One mit US-Präsident Donald Trump an Bord landet auf dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in Bethesda. Foto: Jose Luis Magana/AP/dpa
Trump positiv auf Coronavirus getestet
Die Marine One landet auf dem Südrasen des Weißen Hauses. Nach seiner Infektion mit dem Coronavirus wird Trump ins Walter-Reed-Militärkrankenhaus gebracht. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
Dr. Sean Conley
Dr. Sean Conley, Arzt von US-Präsident Trump, informiert Journalisten vor dem Militärkrankenhaus Walter Reed in Bethesda. Foto: Susan Walsh/AP/dpa
Donald Trump
US-Präsident Donald Trump verlässt das Weiße Haus. Wie lange er im Krankenhaus bleiben muss, ist noch unklar. Foto: Alex Brandon/AP/dpa
Seit Freitagabend ist US-Präsident Trump wegen einer Coronavirus-Infektion im Krankenhaus. Seine Ärzte zeigen sich öffentlich «sehr zufrieden» mit den Fortschritten der Behandlung. Aus anderer Quelle kommen allerdings besorgniserregende Angaben.

Washington (dpa) - Die Coronavirus-Infektion von US-Präsident Donald Trump hat womöglich einen schwereren Verlauf genommen als vom Weißen Haus und von seinem Leibarzt zunächst eingeräumt.

Reporter, die den Präsidenten normalerweise begleiten, zitierten am Samstagmittag eine informierte Quelle, wonach die Werte des Präsidenten in den vergangenen 24 Stunden «sehr besorgniserregend» gewesen seien. Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend. «Wir befinden uns noch immer nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung.» Trump selber schrieb am Samstag auf Twitter, er fühle sich gut.

Trump (74) war am Freitagabend (Ortszeit) ins Militärkrankenhaus Walter Reed in Bethesda bei Washington geflogen worden. Das Weiße Haus sprach von einer Vorsichtsmaßnahme auf Empfehlung der Ärzte. Nach Trumps Infektion wurden immer mehr Ansteckungen in seinem Umfeld bekannt. Auch Trumps Wahlkampfchef Bill Stepien wurde positiv auf das Virus getestet, wie das Wahlkampfteam in der Nacht zu Samstag bestätigte. Der Republikaner Trump musste öffentliche Auftritte einen Monat vor der Wahl aussetzen. Sein demokratischer Herausforderer Joe Biden setzt seinen Wahlkampf dagegen fort.

Trumps Leibarzt Sean Conley sagte am Samstag am Krankenhaus: «Heute Morgen geht es dem Präsidenten sehr gut.» Die ersten sieben bis zehn Tage seien die wichtigsten, um den weiteren Krankheitsverlauf zu bestimmen. «Zum jetzigen Zeitpunkt sind das Team und ich sehr zufrieden mit dem Fortschritt, den der Präsident gemacht hat.»

Conley wich der wiederholt gestellten Frage aus, ob Trump im gesamten Verlauf der Infektion keinen zusätzlichen Sauerstoff bekommen habe. Derzeit sei das nicht der Fall, sagte er. Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf zwei Quellen aus dem Umfeld des Weißen Hauses, dass Trump am Freitag Atemprobleme gehabt habe und seine Sauerstoffwerte gefallen seien. Das habe die Ärzte dazu veranlasst, ihm zusätzlichen Sauerstoff zu verabreichen und ihn ins Walter-Reed-Krankenhaus zu verlegen.

Conley sagte, Trump habe in der Nacht zu Freitag Fieber gehabt, sei inzwischen aber seit 24 Stunden fieberfrei. Über die Höhe des Fiebers wollte Conley keine Angaben machen. Er sagte, Trump habe unter leichtem Husten, Nasenverstopfung und Müdigkeit gelitten. Diese Symptome besserten sich. Der Arzt Sean Dooley sagte, Trump habe am Morgen gesagt, er habe das Gefühl, er könne das Krankenhaus verlassen. Das sei «sehr ermutigend» gewesen.

Conley hatte bereits in der Nacht zu Samstag mitgeteilt, Trump werde mit dem Medikament Remdesivir behandelt. Der Arzt sagte am Samstag, vorgesehen sei derzeit eine Behandlung über fünf Tage. Sollte dies erforderlich sein, werde Trump in dieser Zeit voraussichtlich im Krankenhaus bleiben. Das werde jeden Tag überprüft. Conley wollte kein Datum für eine Entlassung Trumps aus dem Krankenhaus angeben.

Mediziner sehen Remdesivir, das ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt wurde, nicht als Allheilmittel bei einer Covid-19-Erkrankung, oft aber als hilfreich an. Nach Angaben des Herstellers kann es das Sterberisiko bei einem schweren Verlauf der Krankheit deutlich vermindern. Die Arzneimittelagentur der EU (EMA) nimmt den Wirkstoff inzwischen wegen möglicher Nierenkomplikationen genauer unter die Lupe.

Conley sagte, er habe empfohlen, Trump ins Walter-Reed-Krankenhaus zu bringen, damit er dort nach modernsten Maßstäben überwacht und behandelt werden könne. Für Verwirrung sorgte, dass Conley am Samstagmittag von einer 72 Stunden zurückliegenden Diagnose sprach - das wäre Mittwochmittag gewesen. In einer späteren Mitteilung stellte er klar, dass er sich getäuscht und das positive Testergebnis erst in der Nacht zu Freitag vorgelegen habe. Dann wurde auch die Öffentlichkeit informiert. Trump war am Mittwoch und Donnerstag in Minnesota und New Jersey noch mit Spendern zusammengetroffen.

Conley sagte, der ebenfalls infizierten First Lady Melania Trump gehe es sehr gut. Bei der 50-Jährigen gebe es keine Anzeichen für eine Behandlung im Krankenhaus, sie erhole sich zu Hause.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) steigt bei Coronavirus-Infektionen das Risiko einer schweren Erkrankung ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Als weitere Risikofaktoren gelten Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck sowie Übergewicht. Zu Trumps generellem Zustand wird einmal im Jahr ein Gesundheitscheck veröffentlicht. Leibarzt Conley schrieb im jüngsten Bericht Anfang Juni, der Präsident sei gesund.

Nach Trumps Ansteckung richtet sich der Fokus inzwischen besonders auf eine Veranstaltung mit dem Präsidenten, bei denen viele der nun Infizierten waren: Die Vorstellung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für den freien Posten am Supreme Court am Samstag vor einer Woche im Rosengarten des Weißen Hauses. Dort versammelten sich auf engem Raum mehr als 100 Menschen. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, dass wenige Masken trugen oder Abstand hielten. Teilnehmer umarmten sich oder schüttelten sich die Hände.

Bei mindestens sieben Teilnehmern fielen seitdem Corona-Tests positiv aus: Neben dem Präsidenten und First Lady Melania Trump sind das die frühere Trump-Beraterin Kellyanne Conway, die Senatoren Mike Lee und Thom Tillis, der Präsident der katholischen Universität Notre Dame, John Jenkins, sowie ein Reporter. Die Nachbesetzung des Richterpostens durch Barrett soll trotzdem planmäßig laufen.

Weitere nun Infizierte haben US-Medienberichten zufolge an der Vorbereitung Trumps für die TV-Debatte mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden am Dienstag in Cleveland im Bundesstaat Ohio teilgenommen. Beteiligt an der Vorbereitung waren neben Conway und Stepien auch die enge Trump-Beraterin Hope Hicks und der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Beide wurden positiv auf das Coronavirus getestet. Christie sagte dem Sender ABC: «Niemand im Raum hat Masken getragen.»

Die Vereinigung der Korrespondenten im Weißen Haus teilte mit, neben dem Reporter, der bei der Veranstaltung im Rosengarten war, seien am Freitag zwei weitere Journalisten positiv getestet worden. Einer davon sei am Sonntag vor einer Woche bei einer Trump-Pressekonferenz gewesen, der andere habe zum Tross der mitreisenden Reporter bei einem Wahlkampfauftritt des Präsidenten am Tag zuvor gehört.

Auch die republikanische Parteivorsitzende Ronna McDaniel hat sich mit dem Virus angesteckt. Nach Parteiangaben erhielt sie bereits am Mittwoch ein positives Testergebnis. Die «New York Times» berichtete, McDaniel sei zuletzt am Freitag vor einer guten Woche mit Trump zusammengetroffen. Nach den republikanischen Senatoren Lee und Tillis ließ am Samstag auch deren Kollege Ron Johnson mitteilen, er sei mit dem Coronavirus infiziert. Ein Sprecher teilte mit, Johnson sei in den vergangenen Wochen nicht im Weißen Haus gewesen.

Ungeachtet der Coronavirus-Pandemie hatte Trump in den vergangenen Wochen Wahlkampfauftritte teils vor Tausenden Anhängern absolviert, bei denen er stets ohne Maske auftrat. Trumps Infektion richtet wieder ein Schlaglicht auf die Pandemie, die in den USA bei weitem nicht ausgestanden ist. Mehr als 7,3 Millionen Ansteckungen sind bekannt, mehr als 208 000 Menschen starben nach einer Infektion. Kritiker machen Trump wegen seines Krisenmanagements schwere Vorwürfe. Er hatte mehrfach gesagt, das Virus werde einfach verschwinden, und Einschätzungen seiner Experten offen in Zweifel gezogen. Biden verspottete er für dessen Vorsicht in der Pandemie.

© dpa-infocom, dpa:201003-99-806577/14