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Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Dnipro
Wurde die Stadt Dnipro Opfer eines weiteren Raketenangriffs? Foto: Ukrinform
Mariupol
Beschädigte Wohnhäuser in einem Gebiet von Mariupol, das von der separatistischen Regierung der Donezker Volksrepublik kontrolliert wird. Foto: Alexei Alexandrov
Ukrainische Soldaten in Kiew
Ukrainische Soldaten stehen in Schützengräben nördlich von Kiew. Foto: Vadim Ghirda
Frau mit Tochter in Kiew
Eine Mutter weint neben ihrer kleinen Tochter, während sie in Kiew mit der Presse spricht. Ungeachtet der Ankündigung, Angriffe auf die ukrainische Hauptstadt sowie auf Tschernihiw zu reduzieren, will Russland seine «militärische Spezial-Operation» fortsetzen. Foto: Rodrigo Abd
Mann mit Hund in Mariupol
Ein Mann und sein Hund inmitten der Zerstörung am Stadtrand von Mariupol. Foto: Alexei Alexandrov
Zestörter Bus in Mariupol
Eine Frau radelt nach Kämpfen am Stadtrand von Mariupol in einem Gebiet, das sich unter der Kontrolle der separatistischen Regierung der Volksrepublik Donezk befindet. Foto: Alexei Alexandrov
Ein Öldepot wurde nach ukrainischen Angaben von Raketen getroffen. Nach Verhandlungen kündigt Russland an, Kampfhandlungen zu reduzieren - doch die Angriffe gehen weiter. Die weitere Entwicklung:

Dnipro. Bei einem Raketenangriff ist nach ukrainischen Angaben ein mit Treibstoff gefülltes Öldepot in der Großstadt Dnipro zerstört worden.

Trümmer einer Rakete hätten zudem zwei Tanklastwagen beschädigt, teilte der Leiter des Regionalrats, Mykola Lukaschuk, gestern per Telegram mit. Es habe keine Toten oder Verletzten gegeben. Lukaschuk machte Russland für den Angriff verantwortlich. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Dnipro liegt im Südosten der Ukraine und ist bislang von Angriffen weitgehend verschont geblieben. Vor kurzem feuerten russische Kräfte nach ukrainischen Angaben zweimal Raketen auf eine Militäreinheit nahe der Stadt und beschädigten demnach Kasernen erheblich.

In Nowomoskowsk nordöstlich von Dnipro schlug am Mittwoch ukrainischen Angaben zufolge eine Rakete in eine Fabrik ein. Es habe keine Toten gegeben, teilte Walentyn Resnitschenko von der Gebietsverwaltung Dnipropetrowsk mit.

Ukraine bereit, auf Nato-Beitritt zu verzichten

Russland stellt sich nach Kremlangaben auf lange Verhandlungen mit der Ukraine für eine Beendigung des Krieges ein. Es stehe eine «ziemlich lange Arbeit» bevor, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch.

Einen Durchbruch habe es bei den Verhandlungen der Delegationen aus Moskau und Kiew am Dienstag in Istanbul nicht gegeben. Positiv sei aber gewesen, dass die ukrainische Seite erstmals überhaupt etwas Schriftliches auf Papier vorgelegt habe. «Das war uns bisher noch nicht gelungen», sagte Peskow.

Die Ukraine ist demnach bereit, auf einen Nato-Beitritt zu verzichten und einen neutralen Status einzunehmen – unter Gewährung von Sicherheitsgarantien von Drittstaaten, darunter die USA. «Wir sind zur Pragmatik übergegangen. Das ist die Schlüsselsache», sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. Er hatte erklärt, dass Kiew auch bereit sei, auf eine gewaltsame Rückholung der 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu verzichten.

Krieg wird fortgesetzt

Russland setzt den Krieg in der Ukraine auch nach Fortschritten in den Verhandlungen mit neuen Angriffen fort. Die russische Ankündigung, Kampfhandlungen bei Kiew zu drosseln, ist in der Ukraine und im Westen mit viel Skepsis aufgenommen worden. «Diese Signale übertönen nicht die Explosionen russischer Geschosse», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Unterdessen rechnet der ukrainische Generalstab nicht mit einem großangelegten Abzug russischer Truppen aus Gebieten nahe der Hauptstadt Kiew. Der Gegner habe wegen seiner Verluste wohl nur «vorübergehend das Ziel aufgegeben, Kiew zu blockieren», hieß es am Mittwochmittag.

Russlands Verteidigungsministerium hat derweil eine «Umgruppierung» seiner Truppen bei den ukrainischen Städten Kiew und Tschernihiw bestätigt. «In den Gebieten Kiew und Tschernihiw findet eine geplante Umgruppierung von Truppen statt», sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Mittwochabend in Moskau. Russlands Soldaten hätten dort ihre Hauptaufgaben erfüllt. Das Ziel der Truppenverlegung sei «vor allem der Abschluss der Operation zur vollständigen Befreiung des Donbass».

London: Russische Einheiten stellen sich neu auf

Auch nach Einschätzung britischer Geheimdienste zogen sich einige russische Einheiten nach schweren Verlusten nach Belarus und Russland zurück, um Nachschub zu organisieren und sich neu aufzustellen. Man rechne damit, dass Moskau seine geschwächte Kampfstärke am Boden durch verstärkte Raketenangriffe kompensieren werde.

Das russische Militär zerstörte nach eigenen Angaben mit Raketen zwei Munitionslager im ostukrainischen Gebiet Donezk. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Macron verurteilt Angriff auf Rot-Kreuz-Gebäude

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte unterdessen einen Angriff auf das Rote Kreuz in der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol. «Heute ist ein Gebäude des Roten Kreuzes in Mariupol getroffen worden», schrieb Macron am Mittwoch auf Twitter. «Das Internationale Rote Kreuz ist ein neutraler und unparteiischer Akteur, der nicht ins Visier genommen werden darf.» Dasselbe gelte für Zivilisten, Pflegepersonal oder Kranke. «Noch einmal, mit Nachdruck: Waffenstillstand und Einhaltung des humanitären Rechts!»

Russland stellt Feuerpause in Mariupol in Aussicht

Russland bot eigenen Angaben zufolge für diesen Donnerstag eine Feuerpause in der umkämpften ukrainischen Stadt Mariupol zur Evakuierung von Zivilisten an. «Russlands Streitkräfte erklären - ausschließlich zu humanitären Zwecken - am 31. März ab 10.00 Uhr (9.00 Uhr MESZ) eine Feuerpause», sagte Generalmajor Michail Misinzew am Mittwochabend der Agentur Interfax zufolge. Der vorübergehende Waffenstillstand solle dazu dienen, damit Zivilisten aus der umkämpften Hafenstadt am Asowschen Meer erst ins westlich gelegene Berdjansk und dann weiter nach Saporischschja fliehen könnten.

Die ukrainische Seite habe bis um 6.00 Uhr am Donnerstagmorgen (5.00 Uhr MESZ) Zeit, um ihrerseits eine Feuerpause zu erklären und darüber Russland sowie die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz schriftlich zu informieren. Die Ukraine und Russland hatten sich zuletzt immer wieder gegenseitig beschuldigt, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

Sagen Berater Putin nicht die Wahrheit?

Russlands Präsident Wladimir Putin bekommt von seinen Beratern nach Einschätzung der US-Regierung keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, sagte am Mittwoch in Washington unter Berufung auf Geheimdienstinformationen: «Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird.» Putins hochrangige Berater hätten «zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen».

UNHCR: Mehr als vier Millionen Menschen geflüchtet

Die Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen überschritt die Marke von vier Millionen. Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar verließen 4,02 Millionen Menschen das Land, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete. Zusätzlich sind nach Schätzungen rund 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Die weitaus meisten der ins Ausland Geflüchteten (2,34 Millionen) wurden in Polen gezählt, gefolgt von Rumänien (609.000).

US-Regierung sichert Ukraine finazielle Unterstützung zu

Die US-Regierung will der Ukraine weitere finanzielle Unterstützung in Millionenhöhe zukommen lassen. US-Präsident Joe Biden habe seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat 500 Millionen US-Dollar (rund 448 Millionen Euro) an direkter Haushaltshilfe zugesagt, teilte das Weiße Haus in Washington am Mittwoch mit.

Beide hätten außerdem darüber gesprochen, wie die USA der Ukraine weiter militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe zukommen lassen könnten. Man habe sich auch darüber ausgetauscht, wie die USA die wichtigsten Ersuchen der Ukraine um sicherheitspolitische Unterstützung erfüllen könnten und welche «kritischen Auswirkungen diese Waffen auf den Konflikt» haben würden, so das Weiße Haus weiter.

© dpa-infocom, dpa:220330-99-724590/22