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Konzentrationslager Mauthausen
KZ-Wachmann wegen 36.000-facher Beihilfe zum Mord angeklagt

Nach neuerer Rechtsprechung können Wachleute in den Konzentrationslagern der Nazis auch bestraft werden, weil sie Mitwisser und Mittäter waren. Jetzt könnte so ein Fall auch in Berlin vor Gericht kommen.

Berlin (dpa) - Gegen einen ehemaligen KZ-Wachmann ist von der Berliner Staatsanwaltschaft Anklage erhoben worden. Dem 95-jährigen Mann wird Beihilfe zum Mord in 36.000 Fällen vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Der damals 21-jährige Beschuldigte soll von Sommer 1944 bis Frühjahr 1945 als Mitglied des «SS-Totenkopfsturmbannes» im Konzentrationslager Mauthausen Häftlinge bewacht haben.

In dem Zeitraum sollen mindestens 36.223 Menschen getötet worden sein, durch Vergasungen, Injektionen, Erschießungen sowie Verhungern und Erfrieren. Dem damaligen Wachmann sollen sämtliche Tötungsarten und -methoden bekannt gewesen sein, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Er habe diese Tötungen durch seine Tätigkeit «fördern oder zumindest erleichtern wollen». Das Konzentrationslager befand sich östlich von Linz im heutigen Österreich.

Die Anklageerhebung zu so einem späten Zeitpunkt geht laut der Staatsanwaltschaft auf eine geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 20. September 2016 - 3 StR 49/16) zurück. Danach lassen sich auch solche Fälle als Beihilfe zum Mord verfolgen, in denen den Beschuldigten zwar keine persönliche Beteiligung an konkreten Tötungen nachgewiesen werden kann, wohl aber, dass sie etwa als Angehörige der Wachmannschaften in den organisierten Tötungsapparat eingebunden waren.

Zurzeit läuft in Münster ein Prozess gegen einen ehemaligen SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof. Die Dortmunder Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für NS-Verbrechen wirft dem Angeklagten hundertfache Beihilfe zum Mord vor. Der in Rumänien geborene Deutsche soll als SS-Wachmann von 1942 bis 1944 in dem deutschen KZ bei Danzig Dienst geleistet haben.