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Gipfel der Visegrad-Gruppe
Macron will mit Orban Lösung in Flüchtlingspolitik suchen

Macron und Orban
Emmanuel Macron (l) und Viktor Orban in Budapest. Foto: Laszlo Balogh/AP/dpa
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sucht den Dialog - mit Ungarns Regierungschef Orban. Für den ist Macrons Liberalismus das Feindbild schlechthin. Doch Macron deutet Entgegenkommen ausgerechnet in der Migrationspolitik an.

Budapest (dpa) - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will in der Migrationspolitik auf den rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zugehen und die Position der EU überdenken.

Dies war eines der Themen des Gipfeltreffens der Visegrad-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei), zu dem Macron am Montag im Vorfeld der französischen EU-Ratspräsidentschaft nach Budapest gereist war. Zudem ging es bei dem Treffen um den Rechtsstaat, Energiepolitik sowie die Situation in den westlichen Balkanstaaten.

"Politische Gegner, aber europäische Partner"

Vor dem Visegrad-Treffen zeigten sich Macron und Orban bei einer gemeinsamen Pressekonferenz darin einig, dass sie trotz politischer Meinungsverschiedenheiten an gemeinsamen Zielen arbeiten wollen. «Wir sind politische Gegner, aber europäische Partner», sagte Orban. Macron fügte hinzu: «Wir haben politische Meinungsverschiedenheiten (mit Ungarn), die bekannt sind, aber wir haben auch den Willen, zusammenzuarbeiten für dieses Europa.»

Zwar habe es in der Vergangenheit Differenzen in der Flüchtlingspolitik gegeben, sagte der Gast aus Paris. Die aktuelle Lage an der polnisch-belarussischen Grenze sei aber so geartet, «dass es uns dazu bringt, an eine Neuorganisation zu denken, um den Migrationszuflüssen vorzubeugen, unsere Grenzen besser zu schützen und erfolgreich die Mittel und Wege zu finden für eine wirksamere Kooperation der Europäer zu diesem Thema.» Unter Orban weigert sich Ungarn seit der Flüchtlingskrise von 2015 strikt, Flüchtende aufzunehmen, und liegt hierzu mit der EU im Streit.

Orban betonte, mit Macron herrsche Konsens in drei Punkten: «Wir beide lieben unsere Länder, wir arbeiten für ein stärkeres Europa und wir sind uns einig, dass Europa eine strategische Autonomie braucht.» Unter «strategischer Autonomie» verstehe er eine starke Rüstungsindustrie, Atomkraft und landwirtschaftliche Eigenständigkeit. Auch Macron betonte eine weitere Notwendigkeit der Atomkraft und dankte Ungarn für die militärische Unterstützung Frankreichs im afrikanischen Mali.

Debatte über Rechtsstaatsfragen

Man habe «leidenschaftlich» über Rechtsstaatsfragen diskutiert, sagte Orban nach dem Treffen der Visegrad-Gruppe. Zu diesem Thema liegen Ungarn und Polen im Streit mit EU-Institutionen. Vorher hatte Macron angekündigt, es werde hierzu kontroverse Diskussionen geben - ebenso wie über Menschenrechte, den Kampf gegen Diskriminierung und den Pluralismus der Medien.

«Wir können dabei Meinungsverschiedenheiten haben», sagte der Gast aus Paris. Jedoch komme es darauf an, dass jedes Mitgliedsland respektiert werde, dass man verstehe, wie Spannungen zu diesen Themen entstehen, «auf dem Weg des Dialogs und des Respekts».

Macron habe der ungarischen Opposition versprochen, dass Frankreich während der Ratspräsidentschaft darauf dringen werde, dass Rechtsstaatlichkeit zur Voraussetzung für EU-Corona-Aufbauhilfen gemacht werden - anders als von Orbans Regierung gewünscht. Dies sagten einstimmig die vier wichtigsten ungarischen Oppositionsführer - darunter Orbans Herausforderer bei der Wahl im nächsten Frühjahr, Peter Marki-Zay - nach ihrem Treffen mit Macron.

© dpa-infocom, dpa:211213-99-371358/2