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Hunderttausende mobilisiert
Massenprotest gegen Waffengewalt bewegt USA

Die Überlebenden des Schulmassakers von Parkland sind nicht allein. Hunderttausende schließen sich ihrem Protest gegen die Waffenlobby NRA und die Politik an. In bewegenden und kämpferischen Reden machen sie klar, dass sie nicht locker lassen wollen.

Washington (dpa) - Mit Massenprotesten haben Hunderttausende Menschen in den USA den Druck auf die mächtige Waffen-Lobby und die Politik erhöht.

Mehr als einen Monat nach dem Schulmassaker von Parkland folgten nach Schätzungen allein in Washington mindestens eine halbe Million vorwiegend junge Menschen dem Aufruf zu einem «Marsch für unsere Leben». Überlebende Schülern des Angriffs vom 14. Februar mit 17 Toten führten die Demonstration an. Unter dem Motto «genug ist genug» betrauerten die Teenager ihre toten Klassenkameraden und forderten striktere Waffengesetze. In zahlreichen US-Städten und auch im Ausland gab es Solidaritätskundgebungen.

Viele Medien nannten die US-Märsche historisch. Luftaufnahmen zeigten vielerorts ein Meer von Menschen. Die zentrale Kundgebung in Washington war eine der größten in der jüngeren Geschichte der USA. Immer wieder sagten junge Redner und Rednerinnen der mächtigen Waffenlobby NRA den Kampf an - und Politikern, die sich ihr beugen.

Oder sie drückten ihren Protest mit Schweigen aus - wie die Parkland-Schülerin Emma Gonzalez, die mehrere Minuten wortlos vor der Menge stand, um die Dauer der Schüsse in ihrer Schule zu symbolisieren. Zu den besonders bewegenden Augenblicken zählte auch ein Auftritt der neunjährigen Enkeltochter des vor fast 50 Jahren ermordeten schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King.

Die NRA reagierte zunächst nicht auf die großen Protestmärsche, hatte aber kurz vor deren Auftakt ein Video zur Mitgliederwerbung auf Facebook veröffentlicht. Darin hieß es, die Proteste seien nicht spontan, vielmehr steckten «waffenhassende Milliardäre und Hollywood-Eliten» dahinter. Sie würden Kinder manipulieren und benutzen, um den Verfassungsartikel über das Recht auf Waffenbesitz zu zerstören «und uns das Recht zu nehmen, uns und unsere Lieben zu verteidigen». Dann wurde dazu aufgerufen, der NRA beizutreten, «um für die Sicherheit unserer Kinder zu kämpfen».

An der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland (Florida) hatte ein 19-Jähriger am 14. Februar 14 Jugendliche und drei Erwachsene erschossen. Seitdem haben Gonzalez und weitere überlebende Schüler eine Protestbewegung gestartet, der sich immer mehr Menschen anschließen.

Bei der Demo in Washington traten auch Stars wie Miley Cyrus, Ariana Grande und Jennifer Hudson auf. Prominente wie Schauspieler Matthew McConaughey und Ex-Beatle Paul McCartney kamen zu großen Kundgebungen in anderen US-Städten wie Parkland, Chicago, Boston, Philadelphia, Miami, Houston, Los Angeles sowie New York, der Heimatstadt von US-Präsident Donald Trump.

Weltweit gab es ebenfalls Solidaritätsaktionen, so in Sydney (Australien), Tel Aviv (Israel), London (Großbritannien. In Berlin kamen etwa 150 Menschen zum Protest vor dem Brandenburger Tor zusammen. In München versammelten sich 175 bis 200 Teilnehmer, in Hamburg waren es etwa 100 Teilnehmer.

Trump hielt sich am Wochenende auf seinem privaten Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida auf. Das Weiße Haus veröffentlichte jedoch eine Erklärung, in der es hieß: «Wir applaudieren den vielen mutigen jungen Amerikanern, die heute ihr Verfassungsrecht nach Artikel 1 (Recht auf freie Meinungsäußerung) ausüben. Unsere Kinder zu schützen ist eine Top-Priorität des Präsidenten (...).»

Die Parkland-Aktivisten dagegen werfen Trump wie auch dem Kongress vor, nichts gegen die Waffengewalt im Land zu tun. Sie fordern unter anderem ein völliges Verbot von Sturmgewehren für Zivilisten und eine generelle Heraufsetzung des Alters bei Waffenkäufen auf 21 Jahre. Trump hatte zwar diesen Monat unter dem Druck der Proteste ein Maßnahmenbündel zur Schulsicherheit verkündet, aber praktisch nichts zur Verschärfung der Waffengesetze unternommen. Auch der Kongress ist weitgehend untätig geblieben.

Zwar stellte das Justizministerium am Freitag ein Verbot von Schnellfeueraufsätzen in Aussicht, die halbautomatische Waffen zu Maschinengewehren umfunktionieren. Aber diesen Schritt halten die Aktivisten für bei weitem nicht ausreichend.