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Militärtransporter verunglückt
Mehr als 250 Tote bei schwerstem Flugzeugabsturz in Algerien

Leichen liegen aufgereiht bei dem qualmenden Flugzeug, das kurz nach dem Start in Algerien abgestürzt ist. Die Opfer der Tragödie sind überwiegend Soldaten - und ihre Familien.

Algier (dpa) - Beim schwersten Flugzeugabsturz der algerischen Geschichte sind mindestens 257 Menschen ums Leben gekommen.

Der Militärtransporter vom Typ Iljuschin Il-76 zerschellte kurz nach dem Start von einer Militärbasis nahe der Hauptstadt Algier auf einem Feld, wie das Verteidigungsministerium und lokale Medien berichteten. Zur Unglücksursache gab es zunächst keine Angaben.

Unter den Opfern waren dem Ministerium zufolge Armeeangehörige und deren Familien sowie die zehnköpfige Crew der Maschine. Das viermotorige Flugzeug sollte sie vom Luftwaffenstützpunkt Boufarik etwa 30 Kilometer südwestlich von Algier in die Stadt Bechar in den Westen des Landes fliegen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums stürzte die Maschine um 7.50 Uhr Ortszeit ab.

Bilder des regierungsnahen Fernsehsenders Ennahar zeigten auf einer Wiese aufgereiht Dutzende mit Leichentüchern bedeckte Körper. Andere Aufnahmen zeigten ausgebrannte Flugzeugteile und den verkohlten Rumpf der Maschine russischer Bauart, aus dem Rauch aufstieg. Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika ordnete eine dreitägige Staatstrauer an, wie die staatliche Nachrichtenagentur APS berichtete.

Der Pilot, der ebenfalls bei dem Absturz ums Leben kam, verhinderte offenbar eine noch größere Katastrophe. Ein Augenzeuge sagte dem Sender Ennahar: «Ich sah, dass der rechte Flügel des Flugzeugs kurz nach dem Start in niedriger Höhe Feuer fing.» Das Flugzeug sei kurz davor gewesen, einen bevölkerungsreichen Bezirk in der Nähe oder eine Autobahn zu überfliegen. «Der Kapitän machte ein erfolgreiches Manöver, indem er das Flugzeug in Richtung eines Feldes wendete, auf das es dann stürzte», sagte der Augenzeuge.

Zahlreiche Rettungswagen brachten die Opfer in Krankenhäuser. Zunächst war nicht klar, ob Insassen den Absturz überlebt haben. Einem Sprecher des Zivilschutzes zufolge waren 60 Rettungswagen, 30 Feuerwehrautos und 350 Feuerwehrleute im Einsatz, um die Flammen zu löschen und die Opfer zu bergen.

Die Toten wurden den Angaben zufolge in das Militärkrankenhaus in Ain Naadja nahe Algier gebracht. Dort sollten sie identifiziert werden. 30 der Todesopfer sollen aus dem umstrittenen Gebiet der Westsahara an der Atlantikküste kommen.

Der Generalsstabschef der algerischen Armee, Ahmed Gaid Salah, sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Ein Komitee solle die Untersuchungen zum Absturz leiten, sagte er, nachdem er die Absturzstelle besichtigt hatte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kondolierte Bouteflika. Sie schrieb ihm in einem Telegramm: «Ich möchte Ihnen und Ihrem Land mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Mein besonderes Mitgefühl gilt in dieser Stunde den Opfern und ihren Familien.»

Es handelt sich um den schwersten Flugzeugabsturz der algerischen Geschichte. 2014 war schon einmal ein Militärtransporter im Norden des Landes verunglückt. Damals starben 77 Menschen. Zudem war es das schwerste Flugzeugunglück weltweit seit dem Abschuss des Malaysia Airlines Fluges MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. Damals wurden alle 298 Menschen an Bord getötet, die meisten von ihnen waren Niederländer.

Die frühere französische Kolonie Algerien ist der größte Flächenstaat in Afrika. Mit knapp 2,4 Millionen Quadratkilometern ist er fast siebenmal so groß wie Deutschland. Die etwa 40 Millionen Einwohner des islamischen Wüstenstaates in Nordafrika sind überwiegend Araber.

Ursprünglich für militärische Zwecke konstruiert, war die vierstrahlige Iljuschin Il-76 das meistgenutzte Frachtflugzeug in der ehemaligen Sowjetunion. Seinen Erstflug absolvierte der Mittel- und Langstreckenflieger 1971. Seitdem wurden viele der mittlerweile mehr als 900 Exemplare für den zivilen Betrieb umgerüstet. Mehr als 46 Meter lang und knapp 15 Meter hoch, kann die Iljuschin je nach Baureihe zwischen 40 und 60 Tonnen zuladen.

Zur schlimmsten Katastrophe einer militärisch genutzten Iljuschin Il-76 kam es 2003, als im Südosten des Irans alle 275 Insassen starben. Bei Königs Wusterhausen nahe Berlin verunglückte 1972 eine Iljuschin Il-62 der DDR-Gesellschaft Interflug, mit Urlaubern an Bord. Es gab 156 Tote. 1972 starben bei einem missglückten Landeanflug auf Moskau 174 Menschen.