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Westbalkan-Konferenz
Merkel bekennt sich zu EU-Erweiterung

Merkel bei Westbalkan-Gipfel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erneut für die Erweiterung der Europäischen Union ausgesprochen. Foto: Monika Skolimowska
Die Annäherung des Balkans an die EU kommt nicht recht voran. Trotz «Berlin-Prozess» und anderer Initiativen. Kanzlerin Merkel findet in Posen die richtigen Worte. Aber der Bremser sitzt woanders.

Posen (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist erneut für die Erweiterung der Europäischen Union (EU) um jene Balkanstaaten eingetreten, die einen Beitritt anstreben.

Die Union habe in dieser Hinsicht eine «strategische Verantwortung», erklärte die Politikerin nach einer Konferenz europäischer Spitzenpolitiker mit den Staats- und Regierungschef von sechs Balkanstaaten im polnischen Posen (Poznan).

«Wenn man auf die Landkarte schaut, so sind die westlichen Balkanstaaten eingeschlossen in den Grenzen der Mitgliedstaaten der EU», sagte Merkel auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Konferenz. «Das heißt, es ist eine strategische Verantwortung, die wir haben, in unserem eigenen Interesse», fügte sie hinzu.

Das Treffen in Posen war Teil einer Konferenzreihe, die 2014 von Deutschland initiiert wurde. Unter dem Motto «Berlin-Prozess» soll sie die Länder des westlichen Balkans auf ihrem Weg zu einer künftigen Mitgliedschaft in der EU unterstützen. Zu den Teilnehmerstaaten zählen Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Kosovo sowie zehn EU-Länder.

In der Region selbst billigt man der Initiative wenig Erfolgsaussichten zu. Montenegro verhandelt seit 2012, Serbien seit 2014 um einen EU-Beitritt. Seitdem hat Brüssel mit keinem einzigen weiteren Land Beitrittsgespräche begonnen. Der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo hat sich im Windschatten des Stillstands verschärft. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo, eine ehemalige serbische Provinz, hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien will den jungen Staat nicht anerkennen, dieser führt seit vergangenem November einen Zollkrieg gegen serbische Einfuhren.

Staaten wie Nordmazedonien und Albanien sehen wiederum ihre erwiesenen Reformanstrengungen durch das Hinhalten der EU nicht gewürdigt. Beiden Ländern hatte die EU ursprünglich zugesichert, ihnen im Juni einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu nennen. Dies wurde auf voraussichtlich Oktober verschoben. Vor allem Nordmazedonien erbrachte erhebliche Vorleistungen. Im Vorjahr einigte es sich mit Griechenland auf die Beilegung des Namensstreits und benannte sich im Februar von Mazedonien in Nordmazedonien um. Die Regierung des Sozialdemokraten Zoran Zaev kostete dies bei den eigenen Bürgern viel Popularität.

Zumindest in Worten drückte Merkel in Posen ihre Anerkennung für die Regierung in Skopje aus. «Nordmazedonien hat im letzten Jahr unglaublichen Mut gezeigt, Konflikte zu überwinden», betonte sie. Zaev verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass sein Land zumindest im Oktober einen Termin für den Beginn von Beitrittsgesprächen genannt bekommt. «Eine solche Entscheidung würde die Glaubwürdigkeit der EU in der Region bekräftigen», sagte er. Die Kandidatenländer würden dann wieder den Eindruck gewinnen, dass sich Reformen lohnen.

Zuletzt drückte vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf die Erweiterungsbremse. Innere Reformen der EU müssten der Aufnahme neuer Mitglieder vorausgehen, lautet sein Credo. Merkel bemühte sich in Posen darum, den Gegensatz zu ihrer Haltung herunterzuspielen. Macron verlange lediglich, dass die Mechanismen der Arbeit in der EU verbessert werden müssen, meinte sie. «Das teile ich, da kann man vieles tun», fügte sie hinzu. Eine Absage an die Aufnahme von Beitrittsgesprächen sehe sie in Macrons Position «überhaupt nicht».