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Al-Bagdadi mit Lebenszeichen
Merkel: Video des IS-Anführers kein unerwarteter Rückschlag

Abu Bakr al-Bagdadi
Screenshot des Videos, in dem IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi zum ersten Mal seit Jahren wieder zu sehen ist. Foto: Al-Furkan
Flüchtlinge, deutsche IS-Kämpfer, der Konflikt zwischen den USA und dem Iran - die Liste der Themen, die Merkel mit Iraks Regierungschef Abdel Mahdi bespricht, ist lang. Der sagt, sein Land erlebe gerade «eine Zeit des Friedens». Relativ gesehen, stimmt das sogar.

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der irakischen Regierung noch mehr deutsche Unterstützung beim Wiederaufbau des durch Krieg und interne Konflikte zerrütteten Landes zugesichert.

Überschattet wurde ihr Treffen mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdel Mahdi in Berlin durch eine kurz zuvor aufgetauchte Video-Botschaft des Anführers der Terrormiliz IS, Abu Bakr al-Bagdadi.

Merkel erklärte nach dem Gespräch mit dem irakischen Ministerpräsidenten, sie «bewerte die Anstrengung der irakischen Regierung sehr hoch, zu versuchen, innerhalb des Landes die verschiedenen Kräfte auch zusammenzuhalten». Sie betonte: «Ich darf ihnen versichern, dass wir weiter uns dem friedlichen Aufbau des Irak verpflichtet fühlen.»

Abdel Mahdi erklärte: «Das irakische Volk hat große Opfer gebracht, um den IS zu besiegen.» Am Montag war erstmals seit langer Zeit ein Lebenszeichen des mehrfach totgesagten IS-Chefs Al-Bagdadi aufgetaucht. Das Video belegt nach Ansicht der irakischen Regierung, wie isoliert der Terroranführer heute ist. Abdel Mahdi sagte, die Tatsache dass Al-Bagdadi jetzt - wie in dem Video zu erkennen - «isoliert» an einem unwirtlichen Ort lebe, zeige, dass der IS «gebrochen» und in seinen Kapazitäten stark eingeschränkt sei.

Merkel sagte, es sei ohnehin niemand davon ausgegangen, dass der IS durch die militärische Niederlage im Irak und in Syrien «verschwunden ist». Das Video zeige, «dass diese Einschätzung auch richtig ist».

Es war die erste Videoaufnahme des Anführers der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seit fast fünf Jahren. Al-Bagdadi nimmt darin Bezug auf aktuelle Ereignisse. Das deutet darauf hin, dass die Botschaft erst vor kurzer Zeit aufgezeichnet worden ist. Der IS-Chef war zuletzt in einer Videoaufnahme vom Juli 2014 zu sehen gewesen. Damals hatte die von ihm angeführte Terrormiliz gerade die Großstadt Mossul eingenommen. Im Juli 2017 verlor der IS die Kontrolle über die nordirakischen Stadt.

Merkel sprach mit Abdel Mahdi auch über die Kinder deutscher IS-Kämpfer im Irak. Sie sagte, über das Schicksal dieser Kinder müsse «von Einzelfall zu Einzelfall» gesprochen werden. Aus dem Auswärtigen Amt hatte es Anfang des Monats geheißen, im Irak würden acht deutsche Staatsangehörige konsularisch betreut. Deren ebenfalls in der Haftanstalt untergebrachte Kinder könnten, falls die Zustimmung der Eltern vorliege, zu Verwandten nach Deutschland gebracht werden. Die Zahl der bisher so nach Deutschland gebrachten minderjährigen Kinder bewege sich «im hohen einstelligen Bereich». Drei Deutsche seien bislang aus der Haft nach Deutschland abgeschoben worden.

Abdel Mahdi betonte, der Irak erlebe derzeit «eine Zeit des Friedens». Merkel hob die verbesserte Sicherheitslage in der Hauptstadt Bagdad positiv hervor. Es freue sie, dass der Irak daran interessiert sei, «dass wir weiter bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte helfen».

Gute Nachrichten gab es bei dem Treffen für Siemens. Der Münchner Technologiekonzern erhielt den Zuschlag für einen Teil des staatlichen Großauftrags zur Wiederherstellung des irakischen Energiesektors. Die schlechte Stromversorgung hat im Irak schon häufiger für politische Spannungen gesorgt. In der südlichen Provinz Basra hatten Bürger im vergangenen Jahr bei Protesten gegen die mangelhafte Versorgung mit Elektrizität und sauberem Trinkwasser staatliche Gebäude in Brand gesetzt. Der Strom ist auch deshalb ein Politikum, weil die US-Regierung Druck auf den Irak ausübt, damit dieser keinen Strom mehr aus dem Nachbarland Iran bezieht.

Merkel sprach mit ihrem irakischen Gast auch über Flüchtlinge. Aktuell stellen immer noch jeden Monat mehr als 1000 Iraker einen Asylantrag in Deutschland.