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US-Justiz
Missbrauch: Epstein-Vertraute Maxwell schuldig

Maxwell-Prozess
Ghislaine Maxwell (M) sitzt während ihres Prozesses wegen Sexhandels im New Yorker Gerichtssaal. Foto: Elizabeth Williams/AP/dpa
Ghislaine Maxwell spielte eine zentrale Rolle beim sexuellen Missbrauch von Mädchen durch den berüchtigten US-Multimillionär Epstein - das hat die Jury im New Yorker Prozess eindeutig festgestellt.

New York (dpa) - Die Ex-Partnerin des gestorbenen US-Multimillionärs Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, ist wegen Sexualverbrechen an Minderjährigen schuldig gesprochen worden. Die zwölf Geschworenen des Prozesses vor einem New Yorker Gericht fällten ihr Urteil am Mittwoch nach mehrtägigen Beratungen.

Am Ende des seit November laufenden Prozesses stellten sie damit fest, dass Maxwell als Helferin des bis in höchste Kreise vernetzten Geschäftsmanns Epsteins eine zentrale Rolle beim Aufbau eines Rings zum sexuellen Missbrauch von Mädchen spielte.

Es droht lange Haft

Für die Verkündung des Strafmaßes gab Richterin Alison Nathan zunächst keinen Termin bekannt. Maxwell drohen mehrere Jahrzehnte in Haft. Die 60-Jährige war in sechs Punkten angeklagt, unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken - in diesem und vier weiteren Anklagepunkten wurde sie schuldig gesprochen. Damit fällte die Jury - wie auch im Prozess gegen den ehemaligen Filmmogul Harvey Weinstein vergangenes Jahr - einen Schuldspruch vor allem auf Basis von Aussagen weiblicher Opfer und nicht aufgrund eindeutiger sachlicher Beweise.

Maxwell nahm das Urteil laut einem Bericht der «New York Times» zunächst ungerührt hin und trank danach einen Schluck Wasser. Sie habe den Gerichtssaal ohne weitere Gespräche mit ihren Anwälten verlassen und dabei noch einen schnellen Blick auf ihre Geschwister geworfen, die bei dem Prozess im Stadtteil Manhattan anwesend waren. Maxwell hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und während des Prozesses auf eine Aussage verzichtet.

Der Missbrauch zahlreicher Minderjähriger durch Epstein und Maxwell soll über Jahrzehnte auf dessen Anwesen in New York, Florida, Santa Fe und auf den Virgin Islands stattgefunden haben. Der Fall schlug in den USA auch deshalb hohe Wellen, weil der schwerreiche Unternehmer mit Prominenten wie den Ex-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump, Milliardär Bill Gates und dem britischen Prinzen Andrew bekannt war. Eine frühere Anklage gegen ihn mündete in einem für Epstein sehr vorteilhaften Deal. Spätestens dadurch wurde er zum Symbol einer gesellschaftlichen Elite, die mit allem durchkommt.

Berufung angekündigt

Sowohl die Verteidigung als auch Maxwells Familie kündigten nach dem Urteil Berufung an. «Wir glauben fest an die Unschuld unserer Schwester - wir sind sehr enttäuscht von dem Urteil», teilten die Angehörigen mit, wie die britische Nachrichtenagentur PA in der Nacht zum Donnerstag meldete. «Wir haben heute Abend bereits mit der Berufung begonnen und sind der Überzeugung, dass ihr schließlich Gerechtigkeit widerfährt.» Auch Maxwells Anwältin kündigte Berufung an. «Wir glauben fest an Ghislaines Unschuld», sagte Bobbi Sternheim.

Staatsanwalt Damian Williams teilte angesichts des Urteils hingegen mit, dass der Gerechtigkeit Genüge getan worden sei. «Ich möchte den Mut der Mädchen - jetzt erwachsene Frauen - loben, die aus dem Schatten in den Gerichtssaal traten.» Ihre Courage habe das Urteil erst ermöglicht. Zum Zeitpunkt der Taten waren die Opfer zwischen 14 und 17 Jahre alt.

Tod in der Gefängniszelle

Die Verteidigung hatte den Fall von Beginn an als Abrechnung mit juristischen Mitteln und Stellvertreterprozess dargestellt, da die Staatsanwaltschaft Epstein selbst nicht mehr belangen konnte. Der 66-Jährige Epstein war während der Vorbereitung auf den Missbrauchsprozess gegen ihn im August 2019 leblos in seiner Gefängniszelle gefunden und im Krankenhaus für tot erklärt worden. Ein Obduktionsbericht stellte Suizid fest.

Maxwells Verteidigerin Laura Menninger hatte während des Prozesses gesagt, ihre Mandantin sei «eine unschuldige Frau» und zu Unrecht für Verbrechen angeklagt worden, die sie nicht begangen habe. Die Anklage der Staatsanwaltschaft basiere auf fehlerhaften Erinnerungen.

Staatsanwältin Alison Moe hatte Maxwell in ihrem Schlussplädoyer vor Weihnachten dagegen als «gefährliche» und «raffinierte Sexualstraftäterin» beschrieben. «Sie hat ihre Opfer manipuliert und sie auf sexuellen Missbrauch vorbereitet.» Die Britin sei «schick» und «lächelnd» aufgetreten und habe so die Opfer, die oft aus problematischen Verhältnissen stammten, Epstein zugeführt. Die Zeuginnen hatten vor Gericht geschildert, wie Maxwell und Epstein sie mit Geld und Versprechungen lockten und dann sexualisierte Massagen von ihnen verlangten.

Epstein-Opfer begrüßen Entscheidung

Maxwell ist die Tochter des legendären britischen Verlegers Robert Maxwell (1923-1991) und war Anfang der 1990er Jahre nach New York gekommen. Dort traf sie Epstein auf einer der zahlreichen Promi-Partys und war zeitweise mit ihm liiert. Epsteins Umfeld beschrieb ihre Rolle in seinem Leben als eine Mischung aus Angestellter und bester Freundin.

Opfer Epsteins begrüßten die Jury-Entscheidung. Die US-Amerikanerin Virginia Giuffre, die Prinz Andrew sexuellen Missbrauch vorwirft, forderte, das Urteil gegen Maxwell dürfe kein Schlussstrich sein. «Maxwell hat nicht alleine gehandelt. Andere müssen zur Verantwortung gezogen werden», twitterte Giuffre. Sie beschuldigt Andrew, sie vor gut 20 Jahren als 17-Jährige missbraucht zu haben. Der zweitälteste Sohn der Queen weist die Vorwürfe strikt zurück.

© dpa-infocom, dpa:211229-99-538482/16