1. Startseite
  2. Überregionales
Logo

Balkan
Parlamentswahl in Albanien: Wohl höhere Beteiligung

Wahlkampf in Albanien
Anhänger der sozialistischen Partei Albaniens bei einer Wahlkampfveranstaltung. Foto: Visar Kryeziu/AP/dpa
Im kleinen Balkanland sind die politischen Lager zutiefst verfeindet. Zuletzt gelang aber eine Wahlreform, in die Regierung und Opposition gleichermaßen Vertrauen setzen.

Tirana (dpa) - Im Zeichen einer eher skeptischen Haltung der Bevölkerung zur Politik haben die Bürger Albaniens am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Bis 15.00 Uhr gaben 38 Prozent der rund 3,6 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Zentrale Wahlkommission in Tirana mitteilte.

Das waren um 10 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wahl vor vier Jahren zum selben Zeitpunkt. Damals hatte eine Wahlbeteiligung von 45 Prozent am Ende des Wahltags ein historisches Tief markiert.

Meinungsumfragen sahen im Rennen um die 140 Parlamentsmandate die Sozialistische Partei (PS) des Ministerpräsidenten Edi Rama vorne. Nach fast acht Jahren an der Macht geht es für ihn um eine dritte Amtszeit in Folge. Das Institut Ipsos prognostizierte der PS zuletzt 48 Prozent der Stimmen, praktisch gleich viele wie bei der Wahl 2017.

Die national-konservative Demokratische Partei (PD) des Oppositionsführers Lulzim Basha käme demnach auf 39 Prozent der Stimmen, um zehn Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Die gleichfalls oppositionelle Sozialistische Bewegung für Integration (LSI) der Präsidentengattin Monika Kryemadhi kann mit fünf Prozent rechnen (2017: 14 Prozent). Staatspräsident Ilir Meta kommt zwar aus der PS, hatte aber schon 2004 mir ihr gebrochen und die LSI gegründet, der er bis zum Antritt der Präsidentschaft 2017 vorstand.

Das kleine Balkanland ist politisch tief gespalten, die verfeindeten Lager sprechen einander die Daseinsberechtigung ab. Die Opposition wirft Rama Wahlbetrug, Korruption und Verstrickung in die Kriminalität vor. Sie boykottiert seit mehr als zwei Jahren das Parlament.

Ihre Teilnahme an der Parlamentswahl verdankt sich einem seltenen Kompromiss zwischen den beiden Lagern, der zu einer Reform des Wahlrechts führte. Diese soll durch den Einsatz von Techniken wie der biometrischen Wähleridentifizierung dafür sorgen, dass Wahlbetrug und Stimmenkauf zurückgedrängt werden. Bei den Verhandlungen hatten Diplomaten der EU und der USA intensiv vermittelt.

Die Spitzenkandidaten versprühten am Wahltag jedenfalls Zuversicht und Optimismus. «Heute ist ein fantastischer Tag», sagte Rama bei der Stimmabgabe. «Demokratie ist ein Sport ohne Zuseher, bei dem jeder mitmacht und jeder seinen eigenen Strafstoß schießt.» PD-Chef Basha äußerte sich ähnlich: «Heute ist der Tag der Demokratie. Kommt alle und bewirkt mit eurer Stimme die Veränderung!»

Albanien war bis Anfang der 1990er Jahre eine stalinistische Diktatur. Seitdem hat sich das Land grundlegend verändert, pluralistische und marktwirtschaftliche Verhältnisse hielten Einzug. 2009 wurde es Nato-Mitglied. Für den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen erteilten die Staats- und Regierungschefs der Union im Vorjahr grünes Licht.

Zugleich erschweren eine ineffiziente Verwaltung, Korruption und eine hohe Abwanderung das Leben der Bürger. Rama, der immer wieder Verbesserungen verspricht, neigt zu einem autoritären Regierungsstil. Wahlprogramme legten weder seine Sozialisten noch die Oppositionsparteien vor.

© dpa-infocom, dpa:210425-99-342862/3