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Präsidentenwahl am 28. Juni
Polen: Warschaus Bürgermeister lässt Präsident Duda zittern

Rafal Trzaskowski
Rafal Trzaskowski ist Bürgermeister von Warschau und Präsidentschaftskandidat von Polens größtem Oppositionsbündnis. Foto: Pawel Supernak/PAP/dpa
Als neuer Kandidat der Opposition hat Rafal Trzaskowski Bewegung in den polnischen Präsidentenwahlkampf gebracht. Die Umfragewerte von Amtsinhaber Andrzej Duda sind gesunken. Doch gelingt es Trzaskowski, das Machtmonopol der nationalkonservativen PiS-Partei zu brechen?

Warschau (dpa) - Wenn Rafal Trzaskowski bei einem Wahlkampfauftritt die Bühne betritt, skandieren seine Anhänger: «Mamy dosc» (Wir haben genug). Es ist das kurze und einprägsame Motto der Kampagne des Warschauer Oberbürgermeisters.

Trzaskowski geht als wichtigster Kandidat der Opposition bei der Präsidentenwahl in Polen am 28. Juni ins Rennen.

Innerhalb kurzer Zeit ist Trzaskowski zum gefährlichsten Herausforderer von Amtsinhaber Andrzej Duda geworden. Umfragen geben dem von der nationalkonservativen PiS gestellten Duda um die 40 Prozent, Trzaskowski von der liberalkonservativen «Bürgerkoalition» (KO) liegt bei 30,3 bis 32 Prozent. Alles sieht danach aus, dass Trzaskowski Duda in die Stichwahl zwingen wird. Und die Formel «Wir haben genug» ist zum Mantra geworden für viele Wähler, die hoffen, das Machtmonopol der PiS brechen zu können.

Der populäre Warschauer Stadtoberste hat das Rennen aufgemischt, obwohl er erst nachträglich nominiert wurde. Dabei sah vor wenigen Wochen alles noch ganz anders aus. Ursprünglich war die Wahl für den 10. Mai geplant. Und Präsident Duda hatte beste Chancen, gleich im ersten Wahlgang zu gewinnen. Die Pis war von dieser Aussicht so beflügelt, dass sie die Wahl selbst dann noch übers Knie brechen wollte, als wegen der Corona-Pandemie das öffentliche Leben in Polen lahmgelegt war. Doch dann verhedderte sich das Regierungslager in einem Streit um die Änderung des Wahlrechts. Im letzten Moment zog der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski die Notbremse: Die Wahl wurde kurzfristig verschoben.

Die oppositionelle KO nutzte die Chance, um ihre blasse und unglücklich agierende Spitzenkandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska zum Rückzug zu drängen. Zuletzt hatten ihre Umfragewerte bei zwei bis vier Prozent gelegen. Mit der Nominierung Trzaskowskis kam schlagartig die Trendwende.

Der 48 Jahre alte promovierte Politologe mit dem modischen Drei-Tage-Bart gilt als einer der profilierten Köpfe innerhalb des liberalkonservativen Lagers. Er hat in Paris und Oxford studiert. Während Andrzej Duda schon mit Englisch hadert, beherrscht Trzaskowski fünf Fremdsprachen: Außer Englisch und Französisch spricht er noch Spanisch, Italienisch und Russisch. Im Jahre 2013 holte ihn der damalige Regierungschef Donald Tusk als Minister für Verwaltung und Digitalisierung in sein Kabinett. Später war er stellvertretender Außenminister. Im Oktober 2018 gewann Trzaskowski die Wahl zum Warschauer Oberbürgermeister im ersten Wahlgang mit einem Riesenvorsprung.

Trzaskowski habe alles, was ein Politiker brauche, der für ein hohes Staatsamt kandidiert, sagte der Politologe Antoni Dudek: «Gutes Aussehen, Intelligenz, Talent im Umgang mit Medien und die Fähigkeit, sich selbst für Heldentaten zu rühmen.» Seine schwache Seite sei dagegen, dass er als Kandidat der Großstadt-Eliten wahrgenommen werde. Bei der Landbevölkerung könne er daher kaum punkten.

Das liegt auch daran, dass Trzaskowski aus seinen liberalen Ansichten keinen Hehl macht. Er will eingetragene Partnerschaften einführen - auch für gleichgeschlechtliche Paare. Im Sommer 2019 unterschrieb er als Warschauer Bürgermeister die sogenannte «LGBT+»-Charta, die Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans-Menschen unterstützen soll. In dem katholisch geprägten Land befremdet das manchen.

Weil Trzaskowski in der Mitte punktet, bemüht sich Duda nun verstärkt um die Gunst erzkonservativer und extrem rechter Wähler. Bei einem Wahlkampfauftritt in Niederschlesien sagte er über sexuelle Minderheiten: «Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie.» Die homophobe Hetze zielte auch auf den Herausforderer. Der ließ sich nicht provozieren und schwieg. Polens Präsident aber erntete für seine Äußerungen einen tagelangen Sturm der Entrüstung aus dem In- und Ausland, der nun kaum einzufangen ist. Eines hat Trzaskowski jetzt schon erreicht: Andrzej Duda ist nervös geworden. Er macht Fehler.

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