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Ende des INF-Vertrags
Russland warnt USA vor Raketen-Stationierung

Militärparade
Eine mobile ballistische Interkontinentalrakete wird während einer Militärparade über den Roten Platz in Moskau gefahren. Die USA hatten am 2. Februar offiziell ihren Ausstieg aus dem INF-Vertrag mit Russland erklärt, weil sie dem Land vorwerfen, mit einem neuen Waffensystem vertragsbrüchig geworden zu sein. Foto: Sergei Ilnitsky/epa/Archiv
Ein wichtiger Abrüstungsvertrag zwischen Russland und den USA läuft aus. Der Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow befürchtet nun ein Wettrüsten. Alle Hoffnungen ruhen jetzt darauf, dass wenigstens ein anderer Vertrag zur Abrüstung gerettet werden kann.

Moskau (dpa) - Kurz vor dem Ende des INF-Vertrags über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen hat Russland die USA vor einer Stationierung solcher Raketen in Europa gewarnt.

Sollten die in dem Abkommen verbotenen Raketen aufgestellt werden, dann behält sich Russland nach Darstellung des Außenministeriums in Moskau vor, analog in der Nähe der USA solche Waffen zu stationieren. Der deutsche Außenminister Heiko Maas zeigte sich besorgt über russische Nuklearwaffen in der europäischen Nachbarschaft.

Der 1987 von US-Präsident Ronald Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow unterzeichnete Vertrag endet an diesem Freitag. Erst hatten die USA, dann Russland den Vertrag aufgekündigt. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld daran.

Die Amerikaner und die Nato werfen den Russen konkret immer wieder vor, mit ihren Raketen vom Typ 9M729 (Nato-Code: SSC-8) gegen den Vertrag verstoßen zu haben, weil sie weiter fliegen als erlaubt. Moskau bestreitet dies und beteuerte, vertragstreu gewesen zu sein. Das Abkommen verbietet landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern.

«Aller Appelle und Dialogangebote zum Trotz verweigert Russland die Vernichtung des vertragswidrigen Systems und hat zudem modernste Nuklearwaffen in unserer Nachbarschaft stationiert. Uns Europäern bereitet das große Sorgen», schrieb der SPD-Politiker Maas in einem Gastbeitrag für das Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Wenn wir den Zerfall der weltweiten Rüstungskontrollarchitektur nicht stoppen, hat das ernste Folgen - für unsere Sicherheit und den Frieden weltweit.»

Dagegen fordert Russland seit langem, dass die USA etwa auch ihre in Deutschland stationierten Atomwaffen abziehen. Das sieht auch eine Mehrheit in Deutschland so, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag von Greenpeace ergab. 84 Prozent der Befragten gaben demnach an, in Deutschland stationierte US-Atomwaffen sollten gänzlich verschwinden. Auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der Eifel liegen nach unbestätigten Informationen rund 20 US-Atombomben. 86 Prozent der Befragten sagten, die Bundesregierung sollte eine Stationierung von atomaren US-Mittelstreckenraketen in Deutschland verbieten.

Moskau hat Washington schon mehrfach davor gewarnt, Raketen in Europa zu stationieren. «Alle Optionen werden auf dem Tisch liegen», sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der Agentur Interfax mit Blick auf mögliche Reaktionen. Militärexperten in Moskau sehen etwa Venezuela oder Kuba als mögliche Standorte für russische Raketen.

Der Diplomat Rjabkow erinnerte daran, dass sich Russland ein einseitiges Moratorium auferlegt habe, solche Raketen vorerst nicht zu stationieren. Er kritisierte, dass weder die USA noch die Nato auf den Vorschlag eines Moratoriums eingegangen seien. Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt es derzeit aber nicht die Absicht, neue landgestützte nukleare Waffensysteme in Europa zu stationieren.

Der frühere Sowjetpräsident Michail Gorbatschow befürchtet mit dem Aus des Vertrags ein neues Wettrüsten. «Dieser Schritt der USA macht die Weltpolitik unberechenbar und die Entwicklung chaotisch», sagte der Friedensnobelpreisträger Interfax. Dies führe auch dazu, «dass die Sicherheit nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt untergraben wird». Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sprach von einem «großen Schaden für die europäische Sicherheit».

Zugleich mahnte Russland erneut, nun wenigstens noch den New-Start-Vertrag zur Begrenzung strategischer Atomwaffen zu retten. Er läuft 2021 aus. Moskau und Washington hatten sich bereit erklärt, über eine Verlängerung des Abkommens zu sprechen. Greifbares gibt es aber bisher nicht. Es sieht vor, die Nukleararsenale auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe zu verringern.