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Trotz Schengen-Abkommens
Seehofer erwägt Verstärkung von Grenzkontrollen

Grenzkontrollen
Kontrollstelle Schwarzbach an der Autobahn Salzburg-München. «Die Binnengrenzkontrollen müssen so lange ausgeführt werden, solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen», findet Bundesinnenminister Seehofer. Foto: Sven Hoppe/Archiv
Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Horst Seehofer will die in der Flüchtlingskrise wieder eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen auf unbestimmte Zeit fortsetzen und womöglich noch verstärken.

«Es sind nicht allzu viele Grenzstellen in Deutschland derzeit dauerhaft besetzt. Auch darüber wird nun zu reden sein, ob das so bleiben kann», sagte der CSU-Chef der «Welt am Sonntag». Kontrollen sollten nicht illegale Grenzübertritten verhindern, sondern erfüllten auch andere Schutzfunktionen. Abschiebungen hier lebender Flüchtlinge ohne Bleiberecht sollten geneinsam mit den Ländern beschleunigt werden.

«Die Binnengrenzkontrollen müssen so lange ausgeführt werden, solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen und zu kontrollieren», erklärte Seehofer. «Auf absehbare Zeit sehe ich im Augenblick nicht, dass ihr das gelingen wird.»

Deutschland hatte die Anfang 2016 eingeführten Kontrollen an der Grenze zu Österreich, die im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen sind, im Herbst um weitere sechs Monate verlängert. Begründet wird dies mit Terrorgefahr und illegaler Migration wegen mangelnden Schutzes der Außengrenzen.

Die Freizügigkeit, die «eine große Errungenschaft», sei könne nur bei wirksamen Kontrollen der Außengrenzen funktionieren, machte Seehofer am Sonntag in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin» deutlich.

Unterstützung bekam er von Sachsens Innenminister Roland Wöller. «Wenn der Schutz der EU-Außengrenzen nur unzureichend funktioniert, sind Kontrollen an den deutschen Grenzen umso wichtiger», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Auch in Sachsen brauche es mehr Präsenz der Bundespolizei an den Grenzen.

Die Grünen kritisierten die Äußerungen. «Wir brauchen intelligentere Lösungen als plakative Scheinantworten wie «Grenzbäume runter»», sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz der «Rheinischen Post» (Montag). Die Bundespolizei schiebe bereits Millionen Überstunden vor sich her. «Wer mehr Einsatz fordert, muss auch hinterlegen, wie das funktionieren soll.»

Um die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen, fordert Seehofer auch mehr Stellen für Verwaltungsrichter. Es gelte, «sämtliche Abschiebungshindernisse» zu identifizieren. Dann solle entschieden werden, «wo wir Gesetze ändern müssen, wo wir Vereinbarungen mit den Herkunftsländern brauchen, wo wir den Ländern und den Behörden bei der Durchführung der Abschiebungen helfen können». Seehofer wiederholte den Vorschlag seines Vorgängers Thomas de Maizière (CDU), dass der Bund mehr Verantwortung übernehmen könne.

Mit Blick auf einige östliche EU-Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, warf Seehofer der EU-Kommission vor, bei ihr habe sich «ein belehrender Ton» eingeschlichen, der kontraproduktiv sei. «Wenn wir geduldig weiter verhandeln, wird man einen Großteil der Länder für die Flüchtlingsverteilung gewinnen», sagte der CSU-Chef. «Ein anderer Teil der Länder wird sich in anderer Form daran beteiligen, etwa indem diese Länder mehr Personal an die Grenzen entsenden oder Geld für die gemeinsame Grenzsicherheit geben.»