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Staatsbesuch
Steinmeier nach Athen - Reparationen werden Thema

Die deutsche Ablehnung ist eindeutig, aber für Athen ist die Forderung nach Milliardenzahlungen so etwas wie ein Pflichtprogramm bei Besuchen aus Deutschland. Das wird auch der Bundespräsident erleben.

Berlin/Athen (dpa) - Unmittelbar vor dem Staatsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Griechenland werden finanzielle Ansprüche Athens wegen deutscher Verbrechen und materieller Schäden im Zweiten Weltkrieg erneut diskutiert.

Der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos dürfte die bekannte Forderung nach Reparationszahlungen in dreistelliger Milliardenhöhe bei seinen Treffen mit Steinmeier bekräftigen, hieß es in Athen. Dabei geht es auch um die Rückzahlung eines Zwangskredits, der mit etwa zehn Milliarden Euro beziffert wird.

Steinmeier flog am Mittwochnachmittag nach Athen. Am Donnerstag trifft er dort neben Präsident Pavlopoulos auch Ministerpräsident Alexis Tsipras und den Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis. Als erster Termin steht am Morgen der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Chaidari bei Athen auf dem Programm.

Im Zweiten Weltkrieg war Griechenland ab 1941 unter anderem von der Wehrmacht besetzt. Während der Besatzungszeit fielen viele Menschen Gräueltaten wie Massenerschießungen zum Opfer. Allein 60 000 bis 70 000 jüdische Griechen wurden ermordet.

Der Linken-Politiker Gregor Gysi, der Steinmeier auf der Reise begleitet, äußerte Verständnis für die Forderungen nach Rückzahlung der Anleihe. «Mir liegt ein bisschen auf der Seele, dass das damals besetzte Griechenland vom Nazi-Regime zur Zahlung eines Zwangskredits verpflichtet wurde», sagte der Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe im Bundestag den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). «Meines Erachtens ist die Bundesrepublik für dieses Darlehen immer noch haftbar.»

Die entscheidende Frage sei die Höhe der Zinsen, sagte Gysi weiter. «Die Bundesregierung sollte aus rechtlichen, politischen und moralischen Gründen sagen, wir zahlen das Darlehen zurück und bieten Verhandlungen über die Zinsen an.»

Während die Rückzahlung des von Nazi-Deutschland eingetriebenen Zwangskredits bisher nicht kategorisch ausgeschlossen wurde, hat die Bundesregierung jeden Anspruch auf Reparationszahlungen für die Besatzungszeit zurückgewiesen. Dies ist nach deutscher Rechtsauffassung in einem Abkommen von 1960 endgültig geklärt.

In Griechenland, wo im nächsten Jahr gewählt wird, ist das Thema aber unverändert brisant. Parlamentspräsident Nikos Voutsis hat bis zum Jahresende eine Aufstellung der Forderungen angekündigt.

In einer seit 2015 vorliegenden Studie des Parlaments, über die am Mittwoch auch die «Bild» berichtete, werden etwa für Zerstörungen der Infrastruktur, Versenkung von Handelsschiffen, Verluste durch Inflation und Gold-Entwertung allein 171,4 Milliarden Euro aufgeführt. Produktionsverluste werden mit 87,75 Milliarden Euro beziffert. Zudem heißt es im Bericht, es gebe Entschädigungsforderungen für Tötungen, Folterungen und Inhaftierungen, deren Höhe zwischen 22 und 107 Milliarden Euro angegeben wird.

Triantafyllos Mitafides, der Präsident der Reparationsausschusses im griechischen Parlament, sagte der «Bild», der Besuch Steinmeiers sei eine gute Gelegenheit, die Frage zwischen den beiden Präsidenten persönlich zu klären. «Für uns gibt es keine Verjährungsfrist, um die deutschen Reparationen in Anspruch zu nehmen.»

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