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Hoffnungen auf Zufallsfund
Suche nach Flug MH370 ohne Erfolg beendet

Die Suche nach dem Wrack von Flug MH370 ist vorbei. Vom Rumpf der Maschine und den 239 Menschen an Bord fehlt weiter jede Spur. Dazu, was an Bord geschehen sein könnte, gibt es viele Theorien. Manche erinnern jetzt schon ans Schicksal der «Titanic».

Kuala Lumpur (dpa) - Der Kohlefrachter «West Ridge» war 1883 auf dem Weg von Liverpool nach Bombay, als sich an Bord eine Explosion ereignete. Die 28 Mann Besatzung unter Kapitän John Arthur hatten keine Chance.

Das 70-Meter-Schiff mit einem Gewicht von mehr als 100 Tonnen versank im Indischen Ozean. Bis das Wrack entdeckt wurde, dauerte es 132 Jahre. Kurz vor Weihnachten 2015 wurde die «West Ridge» auf dem Meeresgrund geortet, in fast vier Kilometern Tiefe.

Es war ein Zufallsfund. Eigentlich hatte die Suche zum Ziel, die Maschine von Malaysia-Airlines-Flug MH370 zu finden, der im März 2014 einfach so von den Radarschirmen verschwunden war. Dieser Erfolg blieb aus. Am Dienstag ging nun auch die vorläufig letzte, privat finanzierte Mission zu Ende, ohne dass man auch nur halbwegs eine Ahnung hat, wo die Boeing 777-200ER geortet werden könnte.

Den Angehörigen der 239 Menschen an Bord von Flug MH370 geht es nun wie einst den Familien der 28 Männer von der «West Ridge». Was bleibt, ist die Hoffnung auf einen Zufall. Und darauf, dass es dank moderner Technik mit einer Entdeckung vielleicht doch etwas schneller gehen möge.

Das Verschwinden der Boeing - immerhin 63 Meter lang, 18 Meter hoch, Spannbreite 60 Meter, alles in allem 223 Tonnen schwer - hat sich längst zu einem der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte entwickelt. Inzwischen gibt es Dutzende Bücher darüber, was an jenem 8. März 2014 passiert sein könnte. Eine Entführung? Ein Selbstmord des Piloten, der den Tod von 238 weiteren Menschen in Kauf nahm? Ein Brand mit giftigen Gasen an Bord, der alle bewusstlos machte?

Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, die Maschine könnte von Militärs abgeschossen worden sein, aus Versehen oder mit Absicht, so wie vier Monate später der Malaysia-Airlines-Flug MH17 über der Ukraine. Und auch an Verschwörungstheorien mangelt es nicht. Nur ein paar davon: Die Russen haben das Flugzeug nach Kasachstan entführt. Die CIA hat die Maschine auf dem Geheimstützpunkt Diego Garcia verschwinden lassen. Nordkorea war es. Oder: Außerirdische.

Was man mit Sicherheit weiß, ist, dass die Maschine noch etwa sieben Stunden über den Indischen Ozean flog, nachdem sie vom Radar verschwunden war. Anfangs in westliche Richtung, dann nach Süden. Solange nahm ein Satellit noch die sogenannten Ping-Signale auf. Und solange dauerte es in etwa, bis der Tank leer war. Aber dann? Absturz auf großer Höhe? Bruchlandung auf dem Wasser?

Darüber hat sich, kurz vor dem Ende der Suche, ein erbitterter Expertenstreit entzündet. Der kanadische Absturz-Ermittler Larry Vance verkündete in einem Buch mit dem Titel «MH370 - Mystery Solved», dass das Rätsel gelöst sei. Aufgrund des guten Zustands der zwei Dutzend entdeckten Wrackteile (und der Tatsache, dass sonst nichts gefunden wurde), geht er davon aus, dass der malaysische Pilot die Maschine in selbstmörderischer Absicht aufs Wasser setzte.

Der australische Chef-Ermittler Peter Foley hält davon überhaupt nichts. Er ist davon überzeugt, dass die Maschine mangels Treibstoff ins Meer stürzte. Tatsächlich liefert auch Vance keinen vernünftigen Grund, warum der Pilot - ein Mann mit 18 000 Flugstunden Erfahrung - das Satellitengerät ausschalten, drei Kurven und dann noch sieben Stunden weiter hätte fliegen sollen, bevor er Suizid begeht.

So wird weiter gerätselt. Inzwischen haben sich die meisten Angehörigen damit abgefunden, dass die Insassen von Flug MH370 nicht wiederkommen werden. Die Ungewissheit über deren Schicksal bleibt jedoch eine große Belastung. Deshalb hatten viele große Hoffnungen in die private Suchmission der US-Firma Ocean Infinity gesetzt - zumal die Amerikaner nur Geld bekommen sollten (etwa 60 Millionen Euro), wenn sie die Maschine tatsächlich finden.

Doch nicht einmal dazu war Malaysias Regierung nun noch bereit. Nach zweimaliger Verlängerung kam am Dienstag das Aus - zur großen Verbitterung von Leuten wie Grace Nathan, deren Mutter an Bord war. Die Anwältin, eine der Sprecherinnen der Hinterbliebenen-Organisation Voice370, meint: «Warum muss man Leuten, die suchen wollen, die Tür vor der Nase zuschlagen?» Von offizieller malaysischer Seite gab es dazu am Dienstag keinerlei Kommentar. Der Chef von Ocean Infinity, Oliver Pluckett, äußerte sich einfach nur «extrem enttäuscht».

Immerhin versuchte Australien, den Angehörigen Trost zu spenden. Vize-Regierungschef Michael McCormack meinte: «Das sieht so aus, als ob das einstweilen ein Rätsel bleibt. Aber eines Tages wird man die Maschine hoffentlich finden.» Dann erinnerte McCormack noch an eine andere große Tragödie, die der «Titanic». Der Luxus-Liner ging, nach dem Zusammenstoß mit einem Eisberg, im April 1912 unter. Das Wrack wurde 73 Jahre später gefunden. Rechnet man das durch für Flug MH370, ist man im Jahr 2087.